$ 144. Das Wesen der Kolonialgewalt. 841
Deutsch-Ostafrika ist nach Mafsgabe des Gesetzes vom 22. März 1891
eine kaiserliche Schutztruppe aus deutschen Offizieren, Ingenieuren,
Ärzten, Beamten und Unteroffizieren sowie aus angeworbenen Far-
bigen gebildet worden.
Die Gerichtsbarkeit wird in erster Instanz mit der Kompe-
tenz der Amtsgerichte und für die freiwillige Gerichtsbarkeit von
einem kaiserlichen Richter, mit der Kompetenz der Schöffen-,
Land- und Schwurgerichte von einem kaiserlichen Gerichte —
aus dem kaiserlichen Richter und 2 oder 4 Beisitzern bestehend —,
in zweiter Instanz von dem kaiserlichen Obergerichte und,
wo es der Zuziehung von Beisitzern nicht bedarf, von dem kaiser-
lichen Oberrichter ausgeübt®.
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Das Wesen der Kolonialgewalt.
Das Rechtsverhältnis, in dem der Heimatsstaat zu seinen Kolonieen
steht, findet durch das Wort „Kolonie“ keine nähere Bestimmung.
Auch abgesehen davon, dafs dasselbe von (der Niederlassung .aus-
sewanderter Staatsangehöriger in einem selbständigen fremden Staate
gebraucht wird, bezeichnet es die verschiedenartigsten Verhältnisse,
die nur in ihrem historischen Entstehungsgrunde oder nur in dem
noch obwaltenden wirtschaftlichen und politischen Interesse des Mutter-
landes übereinstimmen. Die Kolonie kann insbesondere lediglich eine
Provinz des Heimatsstaates sein oder beide können durch das Protek-
torat im echten völkerrechtlichen Sinne oder durch Personal- oder
Realunion oder nach der Art des Staatenbundes oder Bundesstaates
verbunden sein.
Für das Reich ist es wie nach den geographischen und ethno-
graphischen Thatbeständen, so durch das positive Recht ausgeschlossen,
dafs irgend eines seiner Schutzgebiete als Provinz, als Reichsland, wie
Elsals-Lothringen, oder als selbständiges Staatswesen anerkannt werde.
Vielmehr träst die Kolonrialgewalt, wenn damit die Herr-
schaft bezeichnet wird, welche das Reich über seine Kolonieen be-
8 Dienstanweisungen, betr. die Ausübung der Gerichtsbarkeit für Kamerun
und Togo vom 7. Juli 1888 (Centralbl. S. 404), für Deutsch-Ostafrika vom
12. Januar 1891 (ebenda S. 14), für das südwestafrikanische Schutzgebiet vom
27. August 1890 (ebenda S. 304), für das Schutzgebiet der Neuguinea-Kompagnie
vom 1. November 1886 (ebenda S. 371) -- cf. Verordnung vom 13. Juli 1888
(Reichsgesetzbl. S. 221) —, für die Marschallinseln vom 2. Dezember 1886
(Centralbl. S. 397) und 10. März 1890 (ebenda S. 55).