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2 IH. Buch. Die Reichsgewalt.
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kaiserlichen Akte der Schutzgewalt müssen nach R.V. a. 17 im
Namen des Reiches erlassen werden und bedürfen der Gegenzeich-
nung des Reichskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit
übernimmt;
2. über die Wahrnehmung der völkerrechtlichen Be-
fugnisse des Kaisers im Frieden und im Kriege und über die
Mitwirkungsrechte des Bundesrates und des Reichstages bei ihrer
Ausübung nach R.V. a. 11. Nur sind ihm gemäfs die Schutzgebiete
und deren Küsten nicht „Bundesgebiet oder dessen Küsten“ ; der
Kaiser bedarf daher zur Kriegserklärung auch dann der Zustimmung
des Bundesrates, wenn ein Angriff auf die ersteren vorliegt. Nur
sind für Verträge des Kaisers mit fremden Staaten, die kraft der
Schutzgewalt nicht „in den Bereich der Reichsgesetzgebung“, son-
dern in den des kaiserlichen Verordnungsrechtes gehören, die Zu-
stimmung des Bundesrates und die Genehmigung des Reichstages
nicht erforderlich ; |
3. überdas Finanzwesen desReiches. R.V.a. 69, welcher
fordert, dafs alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches für jedes Jahr
veranschlagt und auf den Reichshaushaltsetat gebracht werden, so-
wie R.V. a. 72 über die Rechnungslegung des Reichskanzlers hat
Geltung auch für solche Einnahmen und Ausgaben, welche im Aus-
lande bewirkt werden. Daran ändert auch nichts, dafs der Kaiser
kraft seiner Schutzgewalt einseitig Steuererhebungen jeder Art und
mit Ausgaben verknüpfte Anordnungen und Einrichtungen in den
Schutzgebieten treffen kann. Er kann dies immer nur „im Namen
des Reiches“. Aber alle namens des Reiches und von Organen des
Reiches, gleichgültig wo, aus welchem Rechtsgrunde und zu welchem
Zwecke, erhobenen Einnahmen und bewirkten Ausgaben sind Ein-
nahmen und Ausgaben des Reiches®. Ebenso kann die Aufnahme
einer Anleihe oder die Übernahme einer Garantie für Zwecke der
Schutzgebiete nach R.V. a. 73 nur bewirkt werden im Wege der
Reichsgesetzgebung. Denn auch kraft der kaiserlichen Schutzgewalt
5 Die gegenwärtige Aufstellung des Etats, die einzelne Ausgabeposten
regelmäfsig behandelt, sonst aber nur die vom Reiche bei Unzureichenheit
der in den Schutzgebieten bewirkten Einnahmen erforderlichen Zuschüsse in
die Dispositionen des Etats aufnimmt, ist eine von Jahr zu Jahr beliebte Ab-
weichung von den Verfassungsvorschriften, auf.die von keiner Seite ein Recht
besteht. Ihre Rechtsgültigkeit kann freilich auf Grund der Beschlüsse des
Reichstages und einer von 14 Stimmen nicht widersprochenen Bundesrats:
majorität nicht bestritten werden. S. jetzt den Gesetzentwurf über die Einnahmen
und Ausgaben der Schutzgebiete. Drucks. d. Reichtages 1890/92 No. 505.