Full text: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

86 I. Buch. Die Grundlagen des deutschen Staates. 
Pflichten der Herrschaft untrennbar mit dem eigenen Individualrecht 
ihres Inhabers zusammen. 
Ganz anders gestaltet sich der entsprechende Sachverhalt bei dem 
Organ des korporativen Verbandes. 
Das Organ ist Organ nur, insofern und insoweit es den Gemein- 
willen bildet und trägt. Alle seine Funktionen, alle seine Rechte und 
Pflichten stehen ihm ausschliefslich und allein um des Gemeinzweckes 
willen zu. Diese Zweckbestimmtheit aber ist es denn auch, welche die 
innere Natur der Zuständigkeit der Funktionen, welche die 
Art und Weise der Innehabung der Rechte und Pflichten des Organes 
ergreift und dieselbe in besonders charakterisierter Weise gestaltet. 
Das ergiebt sich an den (drei Rechtssätzen, welche in jeder Rechts- 
ordnung die Stellung des Organes jedes korporativen Verbandes be- 
stimmen: _ 
Zunächst: nur diejenigen Willensbestimmungen werden als 
Willensbestimmungen des Organes rechtlich anerkannt, welche sich 
formell als bezogen auf den Gemeinzweck in erkennbaren Merk- 
malen, regelmälsig in besonderen Formen leeitimieren. 
Sodann: nur ein durch den Gemeinzweck inhaltlich be- 
stimmter und begrenzter Komplex von Rechten und Pflichten steht 
dem Organe zu und zwar dergestalt, dals jede Verfügung innerhalb 
desselben rechtmälsig und mit voller Rechtswirksamkeit nur für die 
Behufe des Gemeinzweckes ceschehen kann. 
Endlich: für den Komplex von Rechten und Pflichten, welche 
dem Organ als solchem zustehen, besteht eine besondere Universal- 
succession, welche es bewirkt, dafs dieser Komplex kraft objek- 
tiven Rechtssatzes bei jedem Wechsel des Organes von dem Vorgänger 
auf den nach der Berufungsordnung eintretenden Nachfolger übergeht: 
| Durch diese dreifache Bestimmung wird die Grundanschauung 
zum rechtlich wirksamen Ausdruck gebracht, dafs die Rechte und 
Pfliehten, welche um des Gemeinzweckes willen reguliert werden, dem 
Organe zu einem andern Rechte zuständig sind, eine andere Art der 
rechtlichen Innehabung voraussetzen, "als die anderweitigen Rechte und 
Pflichten desselben Individuums. Sie stehen ihm zu nicht zu individu- 
alem, sondern zu organischem, zu Berufs- oder Amtsrechte!'. 
1 Daher ist das korporative (öffentliche) Eigentum, Forderungsrecht, 
Schuldverhältnis ein anderes als das entsprechende reine Privatrecht; denn 
die Rechtsnormen des Privatrechtes für letzteres finden auf ersteres nur eine 
beschränkte Anwendung und werden an wesentlichen Punkten: den Formen 
und Beschränkungen der Verfügung, der Sucecession, durch besondere Rechts- 
normen ersetzt.
	        
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