Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 107 
Entweder ist es die Absicht, dass die Bezugnahme in dem 
Texte der Reichsverfassung nur die Anerkennung’ des ge- 
schlossenen Vertrages als solchen enthält. Dann bleibt die 
ursprüngliche vertragsmässige Entstehungsform des Rechts- 
verhältnisses in dauernder Wirksamkeit erhalten. Dieses 
Rechtsverhältniss selbst der Einzelstaaten unter einander oder 
zum Reiche bewahrt dieselbe innere Natur, welche ihm ur- 
sprünglich zukam, insbesondere auch dann, wenn es sich als 
ein rein vertragsmässiges darstellt. Die Bezugnahme des 
Vertrages beseitigt.hier lediglich die Auffassung, als ob durch 
die Existenz des Reiches und die Bestimmungen der Ver- 
fassung die Existenz des Vertrages und seiner Bestimmungen 
aufgehoben oder geändert seien. 
Oder aber es waltet die andere Absicht ob, den mate- 
riellen Inhalt des Vertrages unangesehn seines vertrags- 
mässigen Ursprunges zum Inhalt des gesetzlichen Reichsrech- 
tes zu erheben — das gesetzliche Reichsrecht genommen in 
dem weiten Sinne, wonach es die Formen des Verfassungs- 
gesetzes, des einfachen Gesetzes und der Verordnung umfasst 
— dergestalt zwar, dass die Bestimmungen des ursprünglichen 
Vertrages denjenigen Schutz erhalten und diejenigen Formen 
der Abänderung und Aufhebung annehmen, welche die Ver- 
fassung für die verfassungsgesetzlichen, die einfach gesetz- 
lichen und verordnungsmässigen Bestimmungen des Reiches 
vorsieht. In diesem Falle bewirkt die Bezugnahme des Ver- 
trages im Texte der Verfassung eine formelle Umänderung 
der ursprünglichen Natur seiner Bestimmungen. Sie konsti- 
tuiren auch materiell nicht mehr ein Rechtsverhältniss ver- 
tragsmässiger Natur, welches die Gleichstellung und Unab- 
hängigkeit der Vertragschliessenden gegen einander in Bezug 
auf den Gegenstand des Vertrages voraussetzt. Sie bilden 
nur noch die gesetzlichen oder verordnungsmässigen Normen 
eines obwaltenden staatsrechtlichen Verhältnisses der Be- 
theiligten. 
Eine Reihe der Bestimmungen der Reichsverfassung
	        
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