160 Drittes Kapitel.
fassung von den zu ihrer Durchführung erforderlichen Be-
hörden und Anstalten als Einrichtungen unterschieden. Auch
der Gebrauch des Wortes Verfassung in der Verfassungsur-
kunde des norddeutschen Bundes selbst, wo dasselbe auch
irgend steht, ergiebt überall das Gegentheil der-geforderten
engern Bedeutung. Denn in derEinleitung, in den Artikeln 2,
61, 62, 79 ist es bei der, der vorliegenden Ansicht günstig-
sten Auffassung identisch mit Verfassungsurkunde und. da,
wo es dies nicht sein kann, bei den Strafbestimmungen für
„Jedes Unternehmen gegen die Existenz, die Integrität, die
Sicherheit oder die Verfassung desnorddeutschen Bundes“
im Artikel 74 hat das Wort Verfassung zweifellos denselben,
die Kompetenzen nicht ausschliessenden Umfang, den es für
den einzelnen Bundesstaat besitzt: Endlich ist es auch un-
möglich durch eine Kombination von Artikel 2 oder Artikel
23 mit dem Artikel 78 den in der 'I'hat schwierigen Beweis
zu erbringen, dass der Artikel 78 für sich allein und ab-
weichend von allen übrigen Verfassungsartikeln dem Worte
Verfassung jene engere Bedeutung beimesse ?°.
“a. Für das Verhältniss von art. 28 zu art. 78 besteht folgende
Alternative. Entweder art. 23 erhält eine Erweiterung durch art. 78.
Setzt nämlich art. 78 eine Kompetenz des Bundes zu Verfassungsände-
rungen fest, so hat auch der Reichstag das Recht der Initiative zu solchen,
denn sie liegen „innerhalb der Kompetenz des Bundes“. In diesem Falle
besteht keinerlei Anhalt, um aus der Kombination von beiden Artikeln zu ent-
scheiden, ob die Kompetenz zu Aenderungen der Verfassung auch Kompe-
tenzänderungen begreife oder nicht. Oder art. 78 erhält durch art. 23 eine
Limitation. Wenn nämlich art. 78 nur die Kompetenz des Bundesals Ganzen
zu Verfassungsänderungen und den Weg der Gesetzgebung vorschreibt, damit
aber nicht die vorhergehenden besondern Bestimmungen über die Initia-
tive der einzelnen gesetzgebenden Faktoren nachträglich alterirt, dann ist
die Initiative des Reichstages — im Gegensatze zu der unbeschränkten Ini-
tiative der Bundesglieder im Bundesrathe und des Bundesrathes selbst nach
art. 7 und 16 — beschränkt für jedes, also auch für ein Verfassungsgesetz
auf die durch die geltende Bundesverfassung festgestellte Kompetenz des
Bundes. In diesem Falle ergäbe also die Kombination beider Artikel das
Gegentheil des gewünschten Resultates, nämlich eine Unterscheidung zwischen
Verfassungsgesetzen innerhalb und ausserhalb der bestehenden Bundes-