Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 213
in welchem das Alinea 2 steht und auf welchen es selbst
durch die Unvollständigkeit seiner Bestimmung
hinweist.
Es liegt auf der Hand, dass mit dem Erforderniss der Zu-
stimmung des berechtigten Bundesstaates die Erfordernisse,
welche bei der Abänderung der fraglichen Sondervorschriften
nothwendig sind, nicht erschöpft sind. Vielmehr ist damit
nur dasjenige Erforderniss hervorgehoben, welches auf die
Seite und in das rechtliche Interesse des Einzelstaates fällt.
Welche anderweitigen Erfordernisse vorausgesetzt sind, das
ergab sich seiner Zeit daraus, dass das Alinea 2, solange es
nur Vertragsklausel war!®, ausdrücklich als Erläuterung zu
dem unveränderten Artikel 78 der norddeutschen Bundesver-
fassung auftrat. Es ergiebt sich dies jetzt daraus, dass die
ursprüngliche Vertragsklausel bei der gesetzlichen Redaktion
der Reichsverfassung als das zweite Alinea dem bisherigen
Artikel 78 und nunmehrigen ersten Alinea desselben ange-
schlossen wurde, welches von Veränderungen der Verfassung
schlechthin spricht.
Die im Alinea 2 des Artikel 78 nicht berührten Erforder-
nisse für die Abänderung der von ihm bezeichneten Vorschrif-
ten der Verfassung können und dürfen mithin nirgends anders
als in dem ersten Alinea desselben gesucht und gefunden
werden.
Ist dies aber der Fall, dann sind alle weitern Schluss-
folgerungen von selbst und nothwendig gegebene.
Dann sind die Abänderungen der durch Alinea 2 ge-
troffenen Vorschriften der Verfassung auch Aenderungen der
Verfassung im Sinne des Alinea 1.
Jene fallen, wie diese, in den Bereich der Kompetenz des
Reiches.
Sie erfolgen im Wege der Gesetzgebung des Reiches.
0# Badisch-hessische Verhandlungen vom 15. Nov. 1870 No. 8; würtem-
bergisches Protokoll vom 25. Nov. 1870 No. 1. sub g; bairischer Vertrag
vom 23. Nov. 1870 Ziffer V.