218 Drittes Kapitel.
würtembergischen Staat unverbindlich sei und eine Verletzung
der würtembergischen Verfassung enthalte. Nach den Er-
wägungsgründen des Antrages und den Erklärungen der An-
tragsteller sollte der Antrag trotz seiner weiten Fassung nur
die in dem würtembergischen Verfassungsvertrage bezeichne-
ten Massgaben betreffen, unter welchen die Verfassung des
deutschen Bundes auf Würtemberg Anwendung findet — Mass-
gaben, welche im Wesentlichen nur die unter das jetzige
Alinea 2 des Artikel 78 der Reichsverfassung fallenden Son-
derrechte Würtembergs, jedoch einschliesslich seines Stimn.-
rechtes im Bundesrathe, feststellen. Die Kammer der Abge-
ordneten ging am 8. Februar 1872 über den Antrag mit grosser
Majorität zur Tagesordnung über, unter Verwerfung eines ver-
mittelnden Antrages!!3, in der ausgesprochenen Erwägung,
dass der Regierung das Recht zustehe, ohne Zustimmung der
Landesvertretung und ohne Verfassungsverletzung Abstim-
mungen im Bundesrathe im Sinne des Absatzes 1 und 2 des
Artikel 78 der Reichsverfassung vorzunehmen !4, endlich
unter ausdrücklicher Zustimmung der Staatsregierung zu der
Tagesordnung und ihren Erwägungsgründen 13,
113 Antrag Sick, welcher die Erwartung aussprach, dass die Staats-
regierung bei einem etwaigen Verzicht auf würtembergische Sonderrechte nur
in Uebereinstimmung mit der Landesvertretung vorgehn werde.
11% Der angenommene Antrag der staatsrechtlichen Kommission lautete:
Es wolle die Kammer, in Erwägung 1. dass der k. Regierung das Recht zu-
steht Abstimmungen im Bundesratlı im Sinne des Abs. 1 und 2 des a. 78 d.
RV. ohne Zustimmung der Landesvertretung vorzunehmen , 2. dass vermöge
der für Würtemberg verbindlichen Kraft der Reichsverfassung durch eine der-
artige Abstimmung auch eine Bestimmung der Landesverfassung nicht ver-
lefzt werden kann — über den Antrag Oesterlein und Gen. zur Tagesordnung
übergehn. " '
115 Staatsminister von Mittnacht erklärt in der Sitzung vom 8. Febr.
1872: Heute bin ich in der Lage nach stattgehabter Vernehmung des k. Ge-
heimenraths Namens.der k. Staatsregierung mit höchster Genehmigung S. M.
des Königs die Erklärung abzugeben, dass nach der Ansicht und rechtlichen
Auffassung der k. Staatsregierung unter Zustimmung des berechtigten Bundes-
staates (a. 78 Abs. 2 der RV.) zu verstehn ist: die Zustimmung der Bevoll-
mächtigten im Bundesrathe“. — S. die Anträge, den Komissionsbericht und