Fünftes und Schlusskapitel. 251
der Ueber- und Unterordnung darzustellen und diese Rechts-
ordnung mit den eigenen Rechts- und Machtmitteln aufrecht
zu erhalten, welche ihm die Verfassung einräumt in einer vor-
gehenden Gesetzgebung, in dem Rechte der Exekution gegen-
über den ungehorsamen Einzelstaaten, in der unmittelbaren
Durchführung seiner Kompetenzen auf den Gebieten seiner
Staatsverkehrsanstalten, der auswärtigen Angelegenheiten, der
Militär- und Marinehoheit.
Hiermit kann das deutsche Reich das eigene Richteramt
und die völkerrechtlichen Mittel seiner Gliederstaaten in ihrem
Streite unter einander nicht zugestehn.
Es kann noch weniger die Prätension dulden, seine eigene
Existenz und Wirksamkeit an irgend einem Punkte und aus
irgend einem Grunde von der Dauer seiner Anerkennung durch
den Einzelstaat abhängig zu machen.
Die Rechte, welche dem Einzelstaate gegenüber andern
Einzelstaaten oder gegenüber dem deutschen Reiche zustehn,
sie können sich niemals geltend machen durch Rechts- oder
Machtmittel, welche die Verleugnung der Ueberordnung des
Reiches und die Gefährdung der thatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen seines Bestandes zum Ausgangspunkte oder
zum möglichen Endpunkte nehmen. Jene Rechte haben recht-
liche Geltung und gewinnen rechtliche Durchführbarkeit nur
innerhalb des Reiches, als des deutschen Staates und mit den
durch seine Verfassung gewährten Rechtsmitteln.
Alle Analogien, welche in dieser Richtung aus dem Völ-
kerrechte für das Rechtsverbältniss zwischen den Einzelstaaten
und für das Rechtsverhältniss dieser zum Reiche gezogen
werden wollten und gezogen worden sind, beruhn auf einer
Grundanschauung, deren Zutreffen für das deutsche Reich sich
an keinem Punkte nachweisen liess. Die wesentlichen Merk-
male aber, die das deutsche Reich aufwies, gestatten für die
rechtliche Beurtheilung aller seiner Verhältnisse allein die
Analogien des Staatsrechtes.
Was Präsident Lincoln von den Unionsstaaten sagte, das
findet auf Deutschland volle Anwendung. Die Einzelstaaten