Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

262 Fünftes und Schlusskapitel. 
muss, aber diese Forderung im Gedanken der Rechtsordnung, 
die er verwirklichen soll, nur erheben darf, wenn er gleich- 
zeitig das geordnete Verfahren und die vertrauenswürdigen 
Organe bietet, welche im erhobenen Streite den wahren d. h. 
den verfassungs- und gesetzmässigen Willen des Staates klar- 
stellen, ihn von der Missdeutung und Missanwendung des 
einzelnen Falles scheiden und damit dem verletzten Rechte 
des Bürgers Wiederherstellung, Ersatz und Sühne verbürgen 
— so erhebt sich mit gleichem Rechte und mit ungleicher po- 
litischer Bedeutung die Frage nach den Rechtsmitteln, 
welche den Einzelstaaten gegenüber Rechtsverletzungen durch 
die Reichsgewalten zustehn. 
1. An erster Stelle würde die den Einzelstaaten gewährte 
rechtliche Möglichkeit stehn, über einzelne Massregeln, Ver- 
ordnungen und selbst Gesetze des Reiches oder seiner Organe, 
welche als eine Rechtsverletzung behauptet werden, einen 
Rechtsspruch herbeizuführen — einen Rechtsspruch in 
dem Sinne, dass er durch ein gesetzlich geordnetes Verfahren 
vorbereitet wird, welches die Klarstellung der Rechts- und 
Thatfrage, losgelöst von den freieren Erwägungen politischer 
Verhandlungen, bezweckt und dass derselbe von einer unab- 
hängigen und selbständigen, wei] ausschliesslich auf die Tech- 
nik des Rechtes gestellten Instanz gefällt wird. 
Eine solche rechtliche Möglichkeit ist nach der Reichs- 
verfassung und nach den Reichsgesetzen den Einzelstaaten 
als solchen nicht gewährt. Aber allerdings einen gewissen 
Schutz haben sie von den Rechtssprüchen der Gerichtshöfe 
des Reiches wie der Einzelstaaten zu erwarten 15, 
Man mochte bis zur Entstehung des norddeutschen Bun- 
15 S, hierüber, wenn auch die Untersuchung von der entgegengesetzten, 
aber trotzdem mit der unserigen korrelaten Frage über die Durchführung der 
Reichsgesetzgebung gegenüber der Landesgesetzgebung ausgeht, Heinze, 
das Verhältniss des Reichsstrafrechts zu dem Landesstrafrecht,, insbesondere 
pag. 21 ff. und pag. 134 ff., sowie desselben Bericht über den Konflikt 
der k. sächsischen Gesetzgebung mit der Reichsgesetzgebung in A. Allgemeine 
Zeitung 1872. No. 301. B. und 1873 No. %+.
	        
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