Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Fünftes und Schlusskapitel. 267 
können. Denn es ist unmöglich dem einen legislativen Faktor 
das Recht der Ungültigkeitserklärung eines Aktes beizu- 
messen, der einmal in der Form des Reichsgesetzes ergangen 
ist. Ebenso wird die Anerkennung der Rechtsverletzung 
durch eine Verordnung, eine Verfügung oder einen Befehl des 
Kaisers, des Reichskanzlers oder der ihm nachgeordneten 
Reichsbehörden nur zu dem Antrage des Bundesrathes an den 
Reichskanzler führen, die Abänderung oder Aufhebung der 
rechtsverletzenden Massregel zu erwirken. Zu einer einsei- 
tigen Ungültigkeitserklärung fehlt auch hier dem Bundesrathe 
die Kompetenz. 
Artikel 19 der Reichsverfassung bestimmt: „Wenn Bun- 
desglieder ihre verfassungsmässigen Bundespflichten nicht 
erfüllen, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten 
werden. Diese Exekution ist vom Bundesrathe zu beschliessen 
und vom Kaiser zu vollstrecken“. Hier ist die Voraussetzung 
der Ungehorsam des eine Rechtsverletzung behauptenden 
Einzelstaates in allen den Fällen, in denen die Durchführung 
der Anordnung, Massregel oder Einrichtung des Reiches be- 
dingt ist durch die eigene Thätigkeit des Einzelstaates und 
der Widerstand überall da, wo die Durchführung geschieht 
durch die eigenen Organe des Reiches oder durch die zu un- 
bedingten oder doch vorgehenden Gehorsam gegen das Reich 
verpflichteten Behörden und Beamten des Einzelstaates. In 
beiden Fällen muss die Verfassungsmässigkeit und die be- 
hauptete Verfassungswidrigkeit der Anordnung, Massregel 
oder Einrichtung des Reiches zur Kontestation kommen. In- 
sofern stellt sich die Herbeiführung des Exekutionsfalles als 
eine qualifizirte Berufung des in seinem verfassungsmässigen 
Rechte angeblich verletzten Bundesstaates auf die Entschei- 
dung des Bundesrathes dar. 
Die Unzulänglichkeit des Rechtsschutzes des Einzelstaates 
im Rechtsstreite mit dem Reiche liegt auch hier auf der Hand. 
Für den Austrag eines Rechtsstreites, welcher die versagte 
Anerkennung des Rechtes eines Einzelstaates auf Vertretung 
im Bundesrath zum Gegenstand hat — und auf die Möglich-
	        
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