86 Zweites Kapitel.
sungen der verschiedenen Texte, so insbesondere rückSichtlich
der Formulirung der würtembergischen und bairischen Vor-
behalte im Post- und Telegraphenwesen und rücksichtlich des
Artikel 80. der Verfassung, der die Erhebung einzelner nord-
deutscher Gesetze zu Reichsgesetzen zum Gegenstande hatte 12,
Endlich waren die späterhin „vereinbarten Bezeichnungen:
„Kaiser“ und „Reich“ nur an den beiden prägnanten Stellen
der Verfassung — im Artikel 11. und im Eingange — einge-
fügt, während der übrige Text die alte Terminologie befolgte.
Demgemäss hatte das angeführte Gesetz zur Absicht an
die Stelle der verschiedenen Vertragsurkunden, insoweit sie
die Verfassung feststellten, eine einheitliche, terminologisch
in sich übereinstimmende und gemeingültige Redaktion der
deutschen Verfassung treten zu lassen.
Das Gesetz welches äusserlich in den Text eines Ein-
führungsgesetzes und in die als selbständige Beilage ange-
fügte „Verfassungsurkunde für das deutsche Reich“ zerfällt,
ist von dieser Absicht an zwei Punkten abgewichen.
Dasselbe traf eine materielle Aenderung der vertrags-
mässig vereinbarten Verfassung, indem nach der neuen
Verfassungsurkunde der durch den bairischen Vertrag ge-
schaffene Ausschuss des Bundesrathes für die auswärtigen
Angelegenheiten ausser aus den Bevollmächtigten von Baiern,
Sachsen’ und Würtemberg, noch aus zwei vom Bundesrath
alljährlich zu wählenden Bevollmächtigten anderer Bundes-
staaten bestehn soll. .
Es veränderte sodann die Stellung und damit die for-
melle Bedeutung der Bestimmung, dass diejenigen Vor-
schriften der Reichsverfassung, durch welche bestimmte Rechte
einzelner Bundesstaaten in deren Verhältniss zur Gesammtheit
festgestellt sind, nur mit Zustimmung des berechtigten Bun-
12 Diese Inkongruenzen machten den Vorbehalt des bairischen Schluss-
protokolles — unter XV. — auf Berichtigung des im Hauptvertrage unter II.
festgestellten Verfassungstextes nothwendig. Die Berichtigung ist erfolgt
durch eine Note des Kanzlers des norddeutschen Bundes an den Freiherrn
Pergler von Perglas d. d. Berlin, 28. November 1870.