Erstes Kapitel.
8 3.
Der Begriff des Rechtssatzes.
G. Meyer in seiner Abhandlung über den Begriff des
Gesetzes und die rechtliche Natur des Staatshaushaltsetats
(Grünhut’s Zeitschrift, VIII, pag. 1ff.) bemerkt, dass Laband
nirgends eine ausreichende Definition des Begriffes: Rechts-
satz gäbe; er begnüge sich mit Umschreibungen, mit Fest-
stellung seines Gegensatzes im Rechtsgeschäfte, mit Abweisung
des Merkmales der Allgemeinheit.
Das ist vollkommen richtig, aber auch ganz natürlich.
Unsere staatsrechtliche Terminologie ist leider eine zucht-
lose und willkürliche. Sie lässt sich an Bestimmtheit und
Gemeingültigkeit nicht entfernt messen mit der für das Pri-
vatrecht ausgebildeten Terminologie. Die Worte „Gesetz“ und
„Gesetzgebung“, „Verwaltung“ und die damit zusammengesetz-
ten Bezeichnungen, „Verfassung“, „Regierung“, „Vollziehung“,
obgleich sie doch alle den Anspruch erheben, Grundbegriffe
zu sein, werden in einem verschiedenen Sinne gebraucht je
nach dem verschiedenen Standpunkte der Schriftsteller, ja je
nach dem verschiedenen Zusammenhange bei demselben Schrift-
steller.
Hier, vor dem „Rechtssatz“, stehn wir vor einem Worte,
welches in sich geschlossen ist, welches die begrifflichen Merk-
male in seiner Zusammensetzung bereits so deutlich enthält,
dass in der That jede weitere Definition nur eine Umschrei-
bung enthalten oder eine negative Beseitigung dessen, was
die Wortfügung nicht besagt, bewirken kann.
Rechtssetzung oder noch schärfer in der leisen Nuanci-
rung Rechtssatzung ist uns überall identisch mit Schaffung