Zweites Kapitel.
Die Form des Gesetzes.
8 5.
Das konstitutionelle Gesetz.
Wenn man in einem allerweitesten Sinne als Gesetz
alles Das bezeichnet, was von den suveränen Organen des
Staates rechtsverbindlich angeordnet werden kann, dann ge-
winnt man auch für die Form des Gesetzes einen eben so
weiten Begriff. Form des Gesetzes ist alsdann jeder für
Den, den es angeht, erkennbare Befehl des Suveränes. Als-
dann unterliegt es nicht dem mindesten Zweifel und es ist
der Rede gar nicht werth, dass diese Form des Gesetzes den
. verschiedenartigsten Inhalt haben kann, ja haben muss, nicht
etwa nur Rechtssätze, sondern auch Urtheilssprüche und Akte
der Vollziehung im strengsten Sinne.
Allein im Sinne des Rechtes liegt hier eine Form
überhaupt nicht vor. Dass jede Willensbestimmung, die
für einen Andern rechtliche Bindung erzeugen soll, von Je-
mand ausgehen muss, dem diese Macht rechtlich zuerkannt
ist, dass sie irgendwie erklärt, dass sie dem Dritten zur Dar-
nachachtung irgendwie mitgetheilt sein muss — Das fliesst
unmittelbar aus der Natur des Rechtes. Aber eine Form im
Sinne Rechtens liegt erst dann vor, wenn bestimmte recht-
liche Wirkungen von besondern, über jenen allgemeinen
Grundsatz hinausliegenden formellen Erfordernissen abhängig
gemacht werden. Sie liegt in dem eminenten Sinne, in wel-
chem sie hier in Betracht kommt, nur dann vor, wenn sie
nicht blos eine gewillkürte ist, wenn nicht blos einzelne Rechts-
wirkungen z. B. des Beweises dadurch bedingt sind, sondern
vielmehr die Rechtsgültigkeit und Rechtsverbindlich-