Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

166 $ 7. Die Form des Gesetzes selbst. [70 
geordnet? fragt Laband und antwortet: Nichts! Allein ich 
schlage den Commentar von Stubenrauch — I, pag. 59 
(1854) —, der mir zunächst zur Hand ist, nach. Er sagt, 
dass die dem $ 1 folgenden Bestimmungen der Einleitung, 
die sich auf Kundmachung, Wirksamkeit, Verbindlichkeit, Aus- 
legung der Gesetze u.s. w. beziehn, obwohl sie ganz allge- 
mein lauten, sich doch nur auf die das bürgerliche Recht 
normirenden und nicht auf andere Gesetze beziehn. Ist das, 
wie zweifellos, richtig, dann hat der $ 1 der Einleitung 
schlechterdings nicht die Bedeutung eines theoretischen Lehr- 
satzes, sondern er hat trotz seiner Fassung und durch seine 
systematische Stellung an der Spitze die Bedeutung des de- 
terminirenden Rechtssatzes: Die folgenden Bestimmungen 
sollen nur Anwendung leiden auf das als bürgerliches Recht 
definirte Gebiet. Und hierfür ist es vollkommen gleichgültig, 
es ist nur eine Frage der Technik, ob dem Gesetzgeber die 
beabsichtigte Definition gelang oder misslang, ob er seine 
Absicht vielleicht auch ohne Definition durch eine andere 
Ausdrucksweise hätte erreichen können. 
Laband thut in derselben Polemik gegen Seidler — 
pag. 183 — einen weitern Schritt auf abschüssiger Bahn. 
Er betrachtet das preussische Gesetz vom 4. Juni 1876, wel- 
ches in $ 1 die Staatsregierung ermächtigt mit dem deutschen 
Reiche Verträge über die Abtretung der preussischen Eisen- 
bahnen an das letztere abzuschliessen, im $ 2 aber die Ge- 
nehmigung des Landtages zu diesen Verabredungen vorbehält. 
Er erklärt, dass dieses Gesetz keine Anordnung enthält, dass es 
keine Ermächtigung, kein Verbot, keinen Befehl ertheilt: „es ist 
vollkommen inhaltlos“. Das Gesetz ist ihm also rechtlich ir- 
relevant, es enthält keinen Rechtssatz, es ist Gesetz nur im 
formellen Sinne. Das gleicht jenem Geschäftsbrief, ruft er 
aus, mit dem Postskriptum: „Ich widerrufe Alles“. Aber gleicht 
denn demselben Geschäftsbrief nicht auch die Generalklausel 
der preussischen Verfassung — a. 48 —: „Der König hat das 
Recht Handelsverträge u.s. w. mit fremden Regierungen zu er- 
richten,“ aber, wenn er sie errichtet, bedürfen sie zu ihrer
	        
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