97] $ 9. Der Begriff der Verwaltung. 193
gen, Willensakte erhebt, welche leitende Grundsätze der
Sittlichkeit und Klugheit zum Inhalte eines allgemeinen,
in dem einzelnen Akt sich reproduzirenden Willens setzt
und zuletzt diese leitenden Grundsätze in einem einheit-
lichen Lebensplan zusammenfasst, der sich alle allgemeinen.
und besondern Willensbethätigungen ein- und unterordnet.
Es ist dies eine Gestaltung des menschlichen Willens, die sich
in praktischer Einübung und in vernünftiger Reflexion all-
mälig entwickelt, um unter den Bedingungen und Vorgängen,
die der Psychologe schildert, zum sittlichen Charakter
fortzuschreiten.
Regulative und ausführende Willensbestimmun-
gen — dieser Unterschied bildet das unerlässliche
Ördnungsprinzip alles menschlichen Wollens und
Handelns.
Dieser Unterschied ist es, der auch ım staatlichen Wollen
und Handeln im Unterschiede der Gesetzgebung und Voll-
ziehung (vollziehender Verwaltung) hervortritt.
Oberste Voraussetzung dort ist die Möglichkeit der Selbst-
bindung des individuellen Willens an die regulativen Willens-
bestimmungen der Sittlichkeit und Klugheit. Oberste Voraus-
setzung hier ist die Möglichkeit der Selbstbindung des Staates
mittels seiner Organe an Recht und Gesetz. Mögen die Psy-
chologen, die Ethiker und Metaphysiker uns das demonstriren,
wie sie wollen —, ohne die Annahme dieser herrschenden
Thatsache stürzt Alles zusammen, was der Jurist für seine Be-
trachtungsweise der Welt ausklügeln kann. Wäre der Gesetz-
geber nicht an seine Gesetze gebunden, wie kämen wir denn
zu dem Fundamentalsatz alles Staatsrechtes, dass auch der
suveräne Gesetzgeber die Änderung seines Willens nur in den
gesetzlichen Formen bewirken kann?
1. Unter den regulativen Willensbestimmungen
ragen zweifellos die allgemeinen Grundsätze oder Maximen
hervor. Sie stellen an das Individuum die Anforderung, seine
vereinzelten Strebungen und Handlungen an ihnen zu messen
und durch unweigerliche Subsumtion unter dieselben den ein-
Haenel, Stadien. UI. 13 PEN,