Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

210 $ 11. Recht und Verrichtung. [114 
die Sache des Rechtes und also von Rechtssätzen sein könne, 
die Verwaltung positiv zu bestimmen und zu leiten, sondern 
immer nur, dieselbe negativ zu beschränken. 
Allein gerade hier halte ich doppelt und dreifach an dem 
Satze Laband’s fest, dass die Staatsverwaltung dem Rechte, 
dem Gesetze genau so frei, aber auch genau so gebunden 
gegenüberstehe, wie der Einzelne hinsichtlich seiner Privat- 
geschäfte. 
Das Gesetz, das Recht ist im weitesten Umfange gar 
nicht im Stande, seine begrenzenden und seine zusammenord- 
nenden Vorschriften anders zu formuliren, als dadurch, dass 
es „positiv“, inhaltlich jene psychologischen, physiologi- 
schen und mechanischen Vorgänge bestimmt, mittelst deren 
die menschliche Thätigkeit und also auch die Verwaltung des 
Staates bewerkstelligt wird. Gewiss bleiben diese Vorgänge 
immer und nothwendig in ihrer eigenen Faktizität bestehn 
und sie bleiben an die ihrer Natur entsprechenden Gesetze, 
die ethischen, wirthschaftlichen, technischen Normen gebun- 
den. Aber indem das Recht diese Vorgänge und diese Regeln 
zum: Inhalte auch seiner Bestimmungen macht, drückt es ihnen 
die ihm, dem Rechte, eigenthümliche Qualifikation auf. Es 
nimmt die Bewirkung dieser Vorgänge, es nimmt die Einhal- 
tung dieser ethischen, wirthschaftschaftlichen, technischen Re- 
geln in seinen Bereich auf, indem es dieselben zu Rechten 
und Pflichten im Rechtssinne macht. Wenn das Recht sagt: 
wer ein Darlehn empfangen hat muss es zurückzahlen, wer 
eine Ehe schliesst hat dem Gatten Treue zu halten und die 
eheliche Pflicht zu leisten, wer Bauten übernimmt hat sie 
nach den Regeln der Technik auszuführen, wer Vater ist hat 
seine Kinder leiblich und geistig aufzuziehn, wer fremde Ge- 
schäfte führt hat Rechenschaft abzulegen, wer Gesinde ist hat 
häusliche Geschäfte zu verrichten und Gehorsam zu leisten; 
oder wenn das Recht weiter sagt: wer als Professor angestellt 
wird hat die Wissenschaft wissenschaftlich zu lehren, wer 
Soldat ist hat sein Leben für König und Vaterland zu lassen, 
wer Kaufmann ist hat seine Bücher kaufmännisch zu führen,
	        
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