1.
Die Stellung des Reichskanzlers im Bundesrathe.
Nach dem Entwurfe der norddeutschen Bundesverfassung
sollte der Bundesrath ausschliesslich und allein aus Vertretern
der Mitglieder des Bundes bestehen (a. 6) und die Mitglieder
waren allein berechtigt, die Bevollmächtigten zum Bundesrath
zu ernennen (a. 7); unter Mitgliedern des Bundes verstand
man aber in diesem Zusammenhang nur die im a. 6 aufge-
zählten Einzelstaaten.
Mit diesen Bestimmungen stand a. 12 des Entwurfes:
„Das Präsidium ernennt den Bundeskanzler, welcher im Bun-
desrathe den Vorsitz führt und die Geschäfte leitet“ in vollem
Einklang. Denn das ernennende Präsidium war einfach der
Einzelstaat Preussen und der Bundeskanzler der Vertreter,
der Bevollmächtigte dieses Staates und kraft dessen Präsident
des Bundesrathes.
Durch die beschlossene Aenderung in der Organisation
der Bundesgewalt gewann dies in der norddeutschen Bundes-
verfassung und jetzt in der Reichsverfassung eine andere
Gestalt.
Nicht mehr das Präsidium Preussen, ein Mitglied des
Bundes im Sinne des a. 6, sondern der Kaiser als solcher,
ein ausserhalb dieser Mitgliedschaft und ausserhalb des Bun-
desrathes stehender Gewaltträger ernennt den Reichskanzler.
Nicht mehr mit der Eigenschaft als preussischer, vom König von