Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes. 71
lichen Oberbefehl stehen, doch nur in der Form preussischer
Anordnungen ergehen, sie sollen ihre Rechtsverbindlichkeit
für alle nicht preussischen Truppentheile erst erhalten durch
den künstlich verschlungenen Weg der Mittheilung an den
Bundesrathsausschuss für das Landheer und die Festungen
und dessen weiterer Mittheilung an die Kommandeure der
Kontingente, die endlich ihrerseits „in geeigneter Weise“ das
zu ihrer Einführung Erforderliche zu bewerkstelligen haben.
Aus dem Allen ergiebt sich, dass nach der Anlage der
Entwürfe das Verordnungsrecht des Präsidiums, des Königs
von Preussen, des Oberfeldherrn, nirgends eine unmittelbare
Rechtsverbindlichkeit für die Behörden oder Unterthanen der
übrigen Bundesstaaten in Anspruch nahm, sondern dass es
nur als ein mittelbares auftrat, welches jene Rechtsverbind-
lichkeit erst mittels partikularer Formen gewann.
I. Auch dem DBundesrathe billigten die Entwürfe ein
gewisses Verordnungsrecht zu — ausdrücklich im Gebiete des
Zoll- und Steuerwesens, nach einer berechtigten Deutung in
dem des Eisenbahnwesens.
„Der Bundesrath“, so lautete Artikel 34 (später 37), be-
schliesst — 2.) über die zur Ausführung der gemeinschaft-
lichen Gesetzgebung (Artikel 32: gesammtes Zollwesen, Be-
steuerung von einheimischem Zucker, Branntwein, Salz, Bier,
Tabak) dienenden Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen.“
Schon der Wortlaut widerspricht hier der Annahme eines
unmittelbaren Verordnungsrechtes und noch mehr thun dies
die weitern verfassungsmässigen Bestimmungen. Denn nach
Artikel 33 (jetzt 36) bleibt jedem Bundesstaate die Erhebung
und Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern, soweit der-
selbe sie bisher ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes über-
lassen. Dass aber zu dieser vorbehaltenen Verwaltung an
erster Stelle die eigene und unmittelbare Direktion der Be-
hörden und Beamten und damit auch die Insinuation der auf
den Beschlüssen des Bundesrathes beruhenden Vollzugsverord-
nungen gehört, die sich überall als Dienstinstruktionen, Regu-
latıve darstellten, kann nicht M bezweifelt werden. Allerdings