72 Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes.
waren nach Massgabe der bisher im Zollvereine in überein-
stimmender Weise geltenden Gesetzgebung, insbesondere des
Zollgesetzes und der Zollordnung, unter den „Verwaltungsvor-
schriften“ nicht nur reine Vollzugsverordnungen zu verstehen;
die „Dienstvorschriften“ und „Regulative“ enthielten zahlreiche,
aus den Gesetzen nicht unmittelbar abzuleitende Kontrollvor-
schriften, die den betheiligten Unterthanen besondere Ver-
pflichtungen und zwar unter Strafandrohungen auferlegten;
auch stellten sie Bedingungen für Steuerkredite, Steuererlasse
und für die Benutzung der Niederlagen auf, deren Erfüllung
vielfach nicht blos eine administrative Begünstigung, sondern
ein festes Recht gewährt. Aber auch dies weitergehende Ver-
ordnungsrecht deckte die Bestimmung des Verfassungs- Arti-
kels 37 (jetzt 40), wonach die Bestimmungen in dem Zollver-
einigungsvertrage vom 16. Mai 1865, „soweit sie nicht durch
die Vorschriften der gegenwärtigen Verfassung geändert sind“,
in Kraft bleiben. Denn nach a. 34 dieses Vertrages sollte
„die Verkündigung der gemeinschaftlichen Verträge, Gesetze
und Verordnungen überhaupt, in jedem der vereinten Staaten
im Namen der Regierung“ geschehen. Hieran hat aber die
„gegenwärtige Verfassung“ nur in Bezug auf Verträge und
Gesetze, nicht in Bezug auf Verordnungen eine Aenderung
getroffen. Und so war es Alles in Allem nicht die Absicht
des Artikel 34 des Entwurfes das Verordnungsrecht der Bun-
desregierungen auf dem Gebiete des Zoll- und Steuerwesens
anders zu gestalten, als es sich gegenüber den Beschlüssen
der Zollkonferenz des Zollvereines verhalten hatte; nur die,
in anderer Rücksicht allerdings fundamentale Aenderung
trat ein, dass die Befugnisse der an das Erforderniss der
Einstimmigkeit gebundenen Zollkonferenz sich in Beschluss-
rechte des durch die Mehrheit beherrschten Bundesrathes um-
wandelten.
Noch prägnanter trat die Besonderheit des Verordnungs-
rechtes des Bundesrathes in den Bestimmungen des Entwurfes
über das Eisenbahnwesen hervor. Wenn hier Artikel 39 (jetzt 42)
vorausschickt: