80 Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes.
etwas Anderes bestimmt ist. Es wurde damit ein Doppeltes
bewirkt.
Auf der einen Seite erweiterte sich die Kompetenz des
Reiches. Denn bisher hatte das Recht des Reiches, allgemeine
Verwaltungsvorschriften, behördenmässige Instruktionen und
Regulative zu erlassen, sich nur bezogen der Natur der Sache
nach auf diejenigen Gebiete, auf denen ihm eine unmittelbare
Verwaltung durch eigene Behörden zustand und kraft beson-
derer Verfassungsvorschrift auf das Gebiet der Zölle und in-
direkten Steuern, auf Verwaltungszweige also, die in gewissem
Sinne für seine Rechnung geführt wurden. Jetzt empfing das
Reich dieses Verordnungsrecht auch auf denjenigen Gebieten,
auf denen verfassungsmässig, wenn auch vorbehaltlich der
Beaufsichtigung des Reiches, der Ueberwachung des Kaisers,
die gesammte vollziehende Gewalt und damit auch das Recht
der Vollzugsverordnungen den Einzelstaaten vorbehalten war.
Auf der andern Seite verengerte sich das Verordnungs-
recht des Kaisers, wie es das Präsidium des norddeutschen
Bundes theils in einer freieren Handhabung der Verfassung
ausgeübt hatte, theils auf die ihm über die unmittelbaren
Bundesbeamten verfassungsmässig zustehende Amtshoheit
stützen konnte. Ist doch durch die Fassung des Artikels 7
jetzt der Anspruch des Bundesrathes begründet und in gesetz-
lichen Spezialbestimmungen vielfach anerkannt, selbst in die
Ordnung und Instruirung des inneren Dienstes der Reichs-
behörden einzudringen,! obgleich dieselben kaiserliche sind
und unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers und
seiner Stellvertreter geleitet werden sollen.
b. Der Bundesrath hat sich des Weiteren unmittelbar
auf Grund der Verfassung Verordnungsrechte zugesprochen,
ı Z. B. beschliesst der Bundesrath das Regulativ für das Reichs-
eisenbahnamt (Gesetz vom 27. Juni 73 und Regulativ vom 13. März 76
— Centralblatt pag. 138 —), die Geschäftsordnung für das Oberseeamt
(Gesetz vom 27. Juli 77 und Bestimmungen vom 3. Mai 78 — Centralbl.
pag. 278 — und vom 10. Mai 79 — ib. pag. 371 —); s. auch Dienst-
anweisung an das Reichsgericht vom 8. Juli 79 — Centralbl. pag. 473.