Die Verfassungsentwürfe und die Verfassungen.
Als es galt im Anfange des Jahres 1867 die „neuen
Bundesverhältnisse“ unter den norddeutschen Staaten festzu-
stellen, war es kein leichtes Ding, für einen ungefügigen Stoff
die angemessene Form zu finden. Die zu verbindenden Staaten
zählten 30 Millionen Einwohner; aber auf einen einzigen Staat
unter ihnen, auf Preussen mit seinen 24 Millionen Einwohnern
trafen volle *, der Bevölkerungszahl. Das ausserpreussische
Fünftel vertheilte sich unter 21 Staaten dergestalt, dass
wiederum nur ein einziger unter ihnen, das Königreich Sachsen
mit 2,400,000 Einw., eine grössere Einwohnerzahl aufwies, als
die Hauptstadt Berlin (702,000 Einw... Unter dem Reste
überstieg nur die Bevölkerung des Grossherzogthums Mecklen-
burg-Schwerin die Zahl von 500,000 und nicht weniger als
8 Staaten blieben hinter der Bevölkerungszahl von 100,000
zurück. Und diesen Missverhältnissen gegenüber war für die
kleinen Staaten ein Ausgleich nicht zu finden durch Berufung
auf besondere politische Verdienste oder altbewährte Freund-
schaftsverhältnisse; war doch dem bedeutendsten unter ihnen
erst im Oktober 1866 ein später Friede von dem siegreichen
Preussen bewilligt worden.
Auf solchen Grundlagen mochte es fast als Widersinn
erscheinen, die neuen Bundesverhältnisse nach dem Muster
des schweizerischen oder amerikanischen Bundesstaates oder
der deutschen Reichsverfassung von 1849 einzurichten, selbst
wenn man für das politische Uebergewicht Preussens eine