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3. Erzbischof. Mit mehreren Gehilfen zog Bonifatius nun von Land zu Land
und suchte, die Lehre Christi auszubreiten. Uberall fielen die Götzenbilder, und
Kirchen und Klöster traten an ihre Stelle. Auch das Kloster Fulda ist von Boni-
fatius gegründet worden. Für seinen Eifer ernannte ihn der Papst zum Erzbischof
von Mainz.
4. Tod. Als 74jähriger Greis ging Bonifatius noch einmal zu den Friesen,
um ihnen das Evangelium zu predigen. Zum Pfingstfest hatte er alle Neubekehrten
zu sich eingeladen. In einem Zelte erwartete er sie. Aber kaum graute der Tag, da
erschien eine Schar wilder Heiden, die mit geschwungener Keule auf das Zelt zu-
stürzten. Die Begleiter des Bonifatius griffen schnell zu den Waffen, um das Haupt
ihres geliebten Lehrers zu schützen. Er aber rief ihnen zu: „Lasset ab vom Kampfe;
vergeltet nicht Böses mit Bösem. Hoffet auf den Herrn, er wird eure Seele erretten."
Mit wildem Geheul stürzten die Feinde herein und streckten ihn und seine Begleiter
nieder. Seine Leiche wurde nach dem Kloster Fulda gebracht.
7. Gottesurteile.
1. Wasserprobe. Wenn es dem Richter nicht gelingen wollte, Schuld oder Un-
schuld eines Angeklagten festzustellen, so griff er — besonders bei Frauen und Skla-
ven — zum Gottesurteil. Man glaubte nämlich, daß Gott den Unschuldigen in
seinen Schutz nehmen und zu dessen Gunsten die Naturgesetze aufheben werde. Das
am häufigsten angewandte Gottesurteil war die Probe des heißen Wassers. Bei
dieser wurde ein Stein an einer Schnur in einen Kessel mit siedendem Wasser ge-
halten. Der Verklagte mußte diesen Stein mit bloßen Armen herausheben. Zeigte
der Arm nach drei Tagen Brandwunden, so war damit die Schuld bewiesen.
2. Feuerprobe. Eine andere häufig angewandte Probe war die Feuerprobe.
Dabei mußte der Verklagte über 6, 9 oder 12 glühende Pflugschare mit bloßen Füßen
hinwegschreiten, oder ein glühendes Eisen eine Strecke weit in der bloßen Hand fort-
tragen. Verbrannte er sich dabei, so galt er für schuldig und hatte meistens eine
qualvolle Todesstrafe zu erleiden.
3. Bahrrecht. Bei einem Morde wurde gewöhnlich das Bahrrecht angewandt.
Der des Mordes Verdächtige mußte dabei an die auf einer Bahre liegende Leiche
herantreten und mit der Hand einigemal die Wunden des Erschlagenen berühren.
Fingen hierbei die Wunden an zu bluten oder zeigte sich Schaum vor dem Munde
des Toten, so galt der Angeklagte für schuldig.
8. Karl der Große. 768—814.
1. Bedeutung. Unter den Fürsten des Frankenlandes nimmt Karl d. Gr.,
Pipins des Kurzen Sohn, die hervorragendste Stelle ein. Sein Ziel war, alle
deutschen Stämme zu einem Reiche zu vereinigen und in diesem Reiche die christliche
Kirche zur Herrschaft zu bringen. Zu seiner Zeit waren es von allen deutschen
Völkern nur noch die Sachsen, die als Heiden in alter Selbständigkeit fortlebten. Als
seine Hauptaufgabe betrachtete er es daher, dieses Land seinem Reiche einzuverleiben
und die Bewohner für das Christentum zu gewinnen. — In seiner Gesinnung war
Karl durch und durch deutsch, und daher lebt er in Sagen und Liedern als ein echt
deutscher Mann fort.
2. Karls Person und rastlose Thätigkeit. Karl der Große war von stattlich
hoher Gestalt. Er maf sieben seiner Fußlängen und besaß eine riesenhafte Stärke.
Feine, ausländische Kleidung mochte er nicht leiden. Am liebsten ging er in Kleidern,
die ihm seine Gemahlin oder seine Töchter gesponnen und gewoben hatten. Nur bei