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Berufung auf den ordentlichen
Rechtsweg in bürrgerlichen Rechtstreitigkeiten
über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder
Geldeswert in Gden I. Kl. 50 4, in Gden II. Kl.
40 4, in Gden III. Kl. 30 X nicht übersteigt, wo-
fern Kläger und Beklagter in der Gde den Wohn-
sitz, 5 12, 13 ZPr O., § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und
§ 10, 11 BG., oder eine Niederlassung, § 21
8Z PrO., oder i. S. § 16, 20 ZPrO. den Aufenthalt
haben. Da in dieser in Art. 3 A. enthaltenen
Aufzählung der Sitz der juristischen Pers., § 17,
18 Z PrO., nicht genannt ist, so sind juristische
Pers., die im Gdebezirk ihren Sitz haben, als
Parteien ausgeschlossen. Bestritten ist, ob dieser
Ausschluß dann wegfällt, wenn die juristische Per-
son in der Gde eine Niederlassung hat und ob
dies auch dann gilt, wenn sie in der Gde zugleich
ihren Sitz hat. Desgleichen sind die Meinungen
darüber geteilt, ob eine auf die Tatsache der
Niederlassung sich gründende Klage vor dem GdG.
gemäß § 21 Z Pr O. auf den Geschäftsbetrieb der
Niederlassung Bezug haben muß. Vgl. Anm. zu
§ 14 DV., Beling, w. Prozeßgesetzgebung Anm. 5
zu Art. 3 AG. z. ZPrO., Hegler, Archiv für 3Z.=
Pr., Bd. 106 77 f. Ueber Klasseneinteilung der
Gden s. Gemeinde. Ausgeschlossen von
der Zuständigkeit der Gd . sind dingliche
Klagen in betreff unbeweglicher Sachen, die
außerhalb des Gemeindebezirks gelegen sind,
Klagen aus Wechseln und Schecks, Feststel-
lung von Konkursforderungen. Sachen, die vor
die Gewerbe-, Kaufmannsgerichte, Innungen und
Innungschiedsgerichte (soweit letztere errichtet
sind) gehören, und Streitigkeiten wegen Wild-
schadens. In Sachen, die vor den Gd G. zu ent-
scheiden sind, können die ord. Gerichte ihre Unzu-
ständigkeit von Amts wegen aussprechen. Dagegen
kann das Urteil eines ord. Gerichts nicht aus dem
Grund angefochten werden, weil der Streit von
den Gd G. zu entscheiden gewesen wäre. — II. Das
nach den Vorschr. der § 170, 173—176 GVG. öff.
und mündl. 1 Verfahren # ist möglichst einfach
und billig gestaltet. Es kann als ein summarischer
Bagatellprozeß mit zunächst nur vorläufiger Ent-
scheidung bezeichnet werden. Die Klage wird er-
hoben durch die mit der Ladung erfolgte Behän-
digung einer Klageschrift oder eines die Klage ent-
haltenden Protokolls, in Ermangelung eines sol-
chen Schriftstücks durch mündlichen Vortrag vor
dem Gd G. Bevollmächtigte, insbes. auch RAnwälte
und Beistände sind, vorbehältlich der Zurückwei-
sungsbefugnis des Gerichts gemäß § 157 ZPr.
zugelassen, doch können Gebühren und Reisekosten
eines Bevollmächtigten oder Beistands auch im
Fall des Obsiegens vom Gegner nicht ersetzt ver-
langt werden. Ein Sühneversuch ist obli-
gatorisch. Die Entscheidung kann auch auf den
Vortrag einer Partei erfolgen, wenn die andere
Partei geladen war und ohne genüg. Entschuld.
ausgeblieben ist. Zeugen und Sachverst. werden
unbceidigt vernommen, Beweis durch Eid ist aus-
geschlossen. Die Entscheidung, in der zugleich die
Kosten festzusetzen find, ist i. d. R. sofort mündlich
zu verkündigen. In das Verhandlungsprotokoll
Gemeindegerichte.
sind die Anträge der Parteien nebst deren tatsäch-
lichem Vorbringen, die Entscheidung mit kurzer
Begründung oder die sonstige Art der Erledigung
aufzunehmen. Zustellungen erfolgen in verein-
fachter Form; öff. Zustellung ist ausgeschlossen.
Ueber Zustellung im Gd Gerfahren s. Art. 7 AG.,
DV. § 61—70. Urteile und Vergleiche sind, erstere
vorläuf., vollstreckbar. Vollstreckb. Ausfertigungen
erteilt der Vorsitzende. Ueber die nach den Best.
der 3 PrO. mit einz. Modifikationen stattfindende
Zwangsvbollstreckung s. Art. 11 u. 13 Abs. 7 2.,
§ 36 f. DV., § 43 u. 44 Dienstanw. für Gerichts-
vollz., s. d. Ueber Hinterlegungen s. Art. 9 2 G.,
MV. 1. 12. 99 und 23. 10. 05, Rgbl. 1032 u. 270.
Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen kann
das Gd G., in dringenden Fällen auch der Vors.,
erlassen, soweit es sich um bei dem Gd G. bereits
anhängige Sachen handelt. — Gegen die Entsch.
des Gd G. steht den Parteien binnen der Notfrist
von 10 T. die Berufung auf den ord.
Rechtsweg offen. Durch diese verliert die
Gd GEntsch., und zwar auch der dem Gegner un-
günstige Teil derselben, ihre Wirkung; das
Gd GVerfahren fällt, abgesehen von der vor-
laufigen Vollstreckbarkeit, in sich zusammen.
Dagegen bewirkt der herrschenden Ansicht nach die
Berufung auf den Rechtsweg nicht von selbst
Rechtshängigkeit bei dem Amtsgericht, vielmehr be-
darf es zur Befassung des ord. Gerichts mit der
Sache der Klagerhebung durch eine der Parteien,
DV. 8§ 33 Abs. 2 a. A., Hegler a. a. O. 146. Wird
Berufung auf den ord. Rechtsweg nicht, bzw. nicht
frist= und formgemäß erhoben, wird auf die Be-
rufung verzichtet oder die eingelegte Berufung
zurückgenommen, so erlangt die Gd GEntscheidung
Rechtskraft. An die Stelle der Wiederaufnahme
des durch rechtskräftige Entsch. geschlossenen Ver-
fahrens tritt die in Art. 8 Abs. 2 Satz 2 2G. für
gewisse Fälle festgesetzte Verlängerung der Not-
frist für die Berufung auf den ord. Rechtsweg.
Neben dem ord. Verfahren findet wegen in die
Zuständigkeit der Gd G. fallender Geldforderungen
ein den Vorschr. der Z PrO. mit einigen Ab-
weichungen angepaßtes Mahnverfahren statt,
Art. 13 AG. i. d. F. 20. 2. 02. Der Widerspruch
des Schuldners gegen einen Teil des Anspruchs
schließt hiebei die Erlassung des Vollstreckungs-
befehls bez. des unwidersprochen gebliebenen Teils
nicht aus. Gegen den Vollstreckungsbefehl steht
dem Schuldner an Stelle des Einspruchs, § 700
Z3 Pr O., die Berufung auf den ord. Rechtsweg
offen. — Ueber das Schuldklagverf. vor dem Vor-
stand d. Gd G. w. öffrechtl. Ansprüche s. Zwangs-
vollstr. w. öffrechtl. Ansprüche. — Wegen Akten-
führung, Prozeßlisten und Geschäftanzeigen in
Gd, GSachen vgl. § 78—80 DV. — Das Gd GVerf.
in Baden und W. ist ausführlich dargestellt von
Hegler, Arch. f. z. Pr. Bd. 106 52—268; vgl. auch
Geßler, Die w. Landes G. und VO. zur Ausf. der
83 Pr O. 240 f. Interessante Mitteilungen aus der
Praxis des Stuttgarter Gd G. gibt Dr. Dollinger
in der D. Jur Ztg. 1907 103 f., s. auch Dr. Weidlich
in der rhein. Zeitschrift für Zivil= und Prozeß-
recht, I. Jahrg. 45 f., wo die w. Gd G. mit ana-