Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Höhere Schulen. 
Unterrichts, welche die Sch. erreichen, s. 8 6 
Rbschn. 1; ch in humanistische, realgymnasiastische 
und realistische Sch., mit den entspr. Reformtypen, 
je nach dem Lehrziel, s. § 6 Abschn. III. Nicht zu 
den h. Sch. i. e. S. gehören die Elementarsch., die 
Stuttgarter sog. Bürgersch., die ebenso wie das sog. 
Hausfrauenjahr, aus äußeren und histor. Gründen 
der Aufsicht der Oberschulbeh. f. d. h. Sch. unter- 
stellt sind, s. u. § 8 I. 2. — 8 2. uw. Entstehung # 
der w. höheren Schulen. I. Schulen für die 
männliche Jugend. Wie in anderen Teilen D. 
bildeten in W. die Klostersch. alter Ordnung ur- 
sprünglich die einzige Stätte gelehrter Bildungs- 
möglichkeit. Junge Leute, die sich zu Welt- 
geistlichen heranbilden wollten, fanden in den 
Klöstern den Vorbereitungsunterricht und ebenso 
waren die Laien, die sich gelehrte Kenntuie zu 
erwerben wünschten, auf den Besuch dieser Sch. an- 
gewiesen. Mit Zunahme der Bevölkerung und des 
Bedürfnisses für gelehrten Unterricht stellten sich 
ihnen an den kanonisch geordneten Kollegiatpfarr- 
kirchen, den Chorstiftern, die sog. Stiftsch., als 
Nachbildung der an dem Bischofsfitz bereits länger 
bestehenden Domsch. zur Seite. Sie sind bereits 
im 13. und 14. Jahrh. in W. (Backnang, Möck- 
mühl, Sindelfingen, Herrenberg, Göppingen) ver- 
treten gewesen. Die Sch. des Stifts Beutelsbach 
wurde später nach Stuttgart verlegt und bildete 
mit der dort schon bestehenden Sch. den Stamm 
der nachmaligen Lateinsch. in St., die später als 
Pädagogium durch Herzog Christoph gegr. und 
weiterhin als Gymnasium illustre, 1686, für die 
Entwicklung sämtl. w. Gymnasialsch. vorbildlich 
wurde. An Zahl und Bedeutung treten indessen 
diese Sch. weit zurück hinter der neuen Schul- 
gattung, die seit dem 13. Jahrh. entstand, den 
Stadtschulen. Durch Handel und Gewerbe zu 
Wohlstand gelangt, hatten die Städte durch ihre 
Handelsbeziehungen zu dem Ausland den Wert 
der Schulbildung erkannt und waren zur Grün- 
dung von Sch. geschritten, welche die Vorläufer der 
Mehrzahl der heute noch bestehenden h. Sch. in 
W. wurden. Sie waren bis zur Reformation die 
Volksch. ihrer Zeit, da die lat. Sprache für das 
bürgerl. und kirchl. Leben unentbehrlich und ebenso 
Verkehrspr. wie Spr. der Kanzleien, Urkunden 
und Schriftspr. der Gebildeten war. Aus der 
Initiative der Städte hervorgegangen, find diese 
Sch. auch in der ferneren Entwicklung Anst. der 
Gemeinden geblieben, auch wenn zur Unter- 
haltung der Sch. kirchl. Stiftungen und Kassen 
aller Art, wie das Spital, der Heilige, der Armen- 
kasten, das Stift, beizutragen hatten. Daran hat 
auch die Reformation nichts geändert. Die Ueber- 
weisung bisher kirchl. Gebäude an die Sch. und 
die Zuschüsse, die zu den Lehrerbesoldungen von 
der geistl. Verwaltung aus Mitteln der einge- 
sangenen kirchl. Pfründen, Meßstiftungen usw. ge- 
chöpft wurden, hat zwar dazu geführt, daß die 
Reg. weitgehenden Einfluß auf die Organisation 
und den Schulbetrieb gewann und das Lehrer- 
besetzungsrecht für zahlreiche Stellen erwarb; 
rechtlich blieben die Sch,. jedoch in der Unterhaltung 
der Gden stehende Anstalten, für die die Leistungen 
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des Staats lediglich Beiträge bildeten. Nach an- 
fänglichem Stillstand fanden die Stadtsch. nach der 
Reformation rasch weitere Verbreitung, so daß 
1607 schon 47 lat. Sch. mit 47 Präzeptoren und 
28 Kollaboratoren, 1798 55 Lateinsch. mit 108 
Lehrern vorhanden waren. Späterhin war das 
Schicksal wechselnd, politisch und wirtschaftlich un- 
ruhige Zeiten, ungünstige Gde Finanzen, Lehrer- 
mangel, Rückgang der Schülerzahlen führten viel- 
fach zu einer zeitweisen oder völligen Aufhebung 
der Sch., zum Teil auch wurden sie verdrängt 
durch die Ende des 18. Jahrh. entstandenen Real- 
schulen, die das Bedürfnis nach einer besseren Be- 
rufsbildung der gewerbl. Stände ins Leben ge- 
rufen hatte. Letztere bildeten anfänglich keine 
selbständigen Sch., vielfach hatte vielmehr ein 
Lehrer der Lateinsch. im Abteilungsunterricht 
Schüler, die dies wünschten, in Realien zu unter- 
richten. Ein herzogl. Reskript 2. 4. 1798 forderte 
die Kommunen, deren Kassen sich in einem guten 
Stand befanden, allg. zur Errichtung solcher Sch. 
auf, doch hatte diese Kundgebung zunächst keinen 
unmittelbaren Erfolg. Erst eine weitgehende staatl. 
Unterstützung auf Grund der Kamm Verh. von 
1833, Normalverf. 16. 11. 1835, gewann nachhalti- 
gen Einfluß, so daß nach einem Jahrzehnt schon 
52 Realsch. im Land vorhanden waren. Auch ihre 
Gründung erfolgte als Gemeindesch.; nur 
subsidiär im Fall ungünstiger wirtschaftl. Lage der 
Gde sollte der Staat eintreten, in ähnl. Weise 
wie für die Volksch. Aus einem Teil der Latein- 
und Realsch. haben sich hauptsächlich mit Ein- 
führung der Einj Pr. und der damit verbundenen 
Berechtigungen die 6= und vklassigen Sch. (Lyceen, 
später Progymnasium genannt, Realprogymnasien, 
klass. Realschulen) entwickelt, die bald eine größ. 
Verbreitung fanden (in Tübingen, Reutlingen, 
Ludwigsburg, Oehringen bestanden schon vorher 
solche L.). Als Vollan stalt blieb lange Zeit 
das Stuttg. G. die einzige Anst. dieser Art, bis 
nach dem Lüneviller Frieden mit dem bedeutenden 
Länderzuwachs auch weitere größere Lehranstalten, 
bes. diej. der Reichstädte, an W. kamen (Rottweil, 
Ehingen, Ellwangen, Ravensburg, Reutlingen, 
Heilbronn, Eßlingen, Hall, Ulm). Weitere Grün- 
dungen erfolgten nach Aufrichtung des König- 
reichs. Alle diese Sch. und die späteren Grün- 
dungen sind ebenso wie die in neuester Zeit ent- 
standenen Reformsch. aus der Initiative der Ge- 
meinden hervorgegangen und von ihnen unter- 
halten unter Beteiligung des Staats an den 
Kosten des persönlichen Aufwands. Lediglich das 
Eberhard-Ludwigs-G. in St., die G. in Rottweil, 
Ehingen und Ellwangen und das 1872 aus der 
Kriegsentschädigung errichtete Stuttg. Real G. find 
Staats A. as Eb LLudwG. ist aus Kirchen- 
gutsmitteln gegründet; die Uebernahme der an- 
deren G. in Ellwangen, Rottweil, Ehingen in die 
Staatsunterhaltung hängt teils mit der Verbin- 
dung der letzteren mit den Konvikten, teils mit 
geschichtl. Vorgängen (Einverleibung kirchl. Be- 
sitzungen) zusammen, aus denen die Unterhalts- 
last erwuchs. Aehnliche Gründe liegen den Staats- 
leistungen zu dem Gymnasium Ludwigsburg und 
  
 
	        
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