Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Höhere Schulen. 
v. 11. 2. 08. — C. Zeugnis der wissen- 
schaftlichen Reife wird an den Okl. h. Sch. 
erworben durch eine für sämtliche Anstalten 
gleicher Art einheitliche Prüfung, die am Sitz 
der Sch. unter Leitung eines aus den Mitgl. der 
Aufsichtsbeh. bestellten staatl. Kommissärs ab- 
Lehalten wird. Zugelassen werden nur Schül., 
die einer 9. Kl. mind. 1 J. als ord. Sch. angehört 
haben und auf Grund ihrer Jahresleistung für 
die Pr. für reif erklärt worden sind. Schül. aus 
dem D. R., die nicht w. Staatsangeh. sind, 
werden zur RPr. zugelassen, wenn sie spätestens 
mit Beginn des drittletzten Jahrgangs in eine 
w. Sch. eingetreten sind oder durch den Wohnsitz 
ihrer Eltern oder deren Stellvertreter auf eine w. 
Sch. angewiesen sind; andernfalls können solche 
Schül. nur mit Rücksicht auf bes. Verhältnisse aus- 
nahmsw. zugelassen werden, wenn ihnen die 
Unterrichtsverw. des Bst., dem sie angehören, die 
Erlaubnis zur Ablegung der RPr. in W. vorher er- 
teilt hat. — Gegenstand der schrift- 
lichen Prüfung sind bei allen Schul- 
gattungen deutscher Aufsatz und eine 4 Aufgaben 
nsamfassende Mathematikarbeit; ferner a) beim 
G. 1 Uebers. aus dem D. ins Lat. und dem 
Griech. ins D., b) beim Realg. 1 Uebers. aus 
dem Lat. ins D. und nach Wahl des Sch. eine 
franz. oder engl. Arb., eine 2. ebenf. 4 Aufg. umf. 
Mathematikarb. und eine Physikarb., c) bei der 
Oberrealsch. 1 franz. und 1 engl. Arb., außerd. wie 
bei d. Realg. 1 weit. Mathematikarb. und 1 Physik- 
arb. — Die mündl. Pr. umfaßt bei allen Sch.= 
Gattungen franz., Geschichte und Mathematik, 
ferner a) beim G. lat. und griech., u. U. hebr., 
b) beim Realg. lat., engl. und Phyfik, c) bei der 
ObRealsch. engl. u. Physik. — Erreicht der Schüler 
in den schriftl. Arb. den Durchschn. befr., so kann 
er vom Mündl. vollst. befreit werden. Ist eine 
völlige Befr. nicht möglich, so kann eine Befr. für 
einzelne Fächer erfolgen, wenn der Prüfling durch 
seine Jahresleistung und gerbenlensals auch in 
der schr. Pr. seine Reife unzweifelhaft dargetan 
hat. Bei Festsetzung der Zeugnisse der Fächer, in 
denen ein Schüler schriftl. oder mündl. geprüft 
worden ist, werden die Klassenarb. berücksichtigt, 
wenn das PrZeugnis von dem entspr. Kl-. zu- 
ungunsten des Sch. auffallend abweicht. Jedes an 
einer der Vollanst. erworbene Reife Z. ist voll- 
wertig gültig für alle Bst. Mehr als zweimal darf 
die *d nicht wiederholt werden. Für Schüler, 
die die ord. Reife Pr. im Sommer nicht bestanden 
baben oder an der Teilnahme verhindert waren, 
werden gegen das Ende des Winterhalbj. bes. Pr. 
abgehalten. Als außerord. Teilnehmer werden zu- 
gelassen D., die eine staatl. anerkannte h. Sch. für 
die männl. J. nicht besucht haben oder nicht mehr 
besuchen oder die der obersten Kl. einer Vollanst. 
nur als außerord. Sch. angehört haben. Be- 
werber, die weder durch Staatsangehörigkeit noch 
durch Wohnsitz der Eltern auf W. angewiesen find, 
werden nur ausnahmsw. zugelassen. Völlige oder 
teilw. Befreiung vom Mündlichen ist bei ihnen 
ausgeschlossen. MinSch U. 16. 5. 11, Rabl. 168, 
Abl. Nr. 9 95, Min AbtErl. 22. 2. 12, Kultmin.= 
407 
Abl. 39; bezüglich der Seekadettenanwärter s. u. 
# 11 IV. 15. — D. Berechtigungs Pr. find 
ferner: die Pr. zur Aufnahme in die niederen eb.= 
theol. Seminare (Landexamen) und in das h. 
ev. theol. Seminar und das kath. Wilhelmstift in 
Tübingen. Beide Pr. werden von der Minbt. 
abgehalten, die auf ev. Seite auch über die auf 
Grund der Pr. erworbene Aufnahme in die S. 
entscheidet. Die Mitwirkung der MAbt. bei der 
Aufu Pr. in die nied. kath. Konvikte und in das 
Wilhelmstift besteht nur in Leitung der Pr., 
über die Aufn. entscheidet der K. Kirchenrat.— End- 
lich gehört zu den Vers Pr.: E. die Abgangs- 
brutung an den h. Mädch Sch., Best. 1. 8. 
07. Die Teiln. an dieser Pr. ist freiw. Zugelassen 
werden nur Schülerinnen, die der obersten Kl. 
mind. 1 J. angehört und an allen Unterrichts- 
fächern teilgenommen haben. Als Fremde werden 
zur Prüf. solche zugelassen, die im lauf. Kal . 
mind. das 16. Lebensj. vollenden; sie sollen außer- 
dem die w. Staatsang. besitzen. Ueber die Berech- 
tigungen, die mit den Zeugn. Buchst. b verbunden 
sind, s. u. § 11. — 4. Zeugnisse. Abges. von diesen 
mit Berechtigungen verb. Z. dürfen an den w. 
Sch. Gesamtg., die Einzel ZB. in sämtl. Fächern 
enthalten und in denen der Platz der einzelnen 
Sch. festgestellt wird, nur zweimal jährl. je am 
Schluß eines Schulhalbj. ausgestellt werden. 
Gegen Schluß des Kalenderj. dürfen nur 3Z. über 
Verhalten, Fleiß und Aufmerksamkeit, sowie den 
Kenntnisstand, und zwar spät. bis 10. Dez. aus- 
gestellt werden. Monats Z. dürfen nicht ausgestellt 
werden, ebenso ist es unzulässig auf Grund ein- 
zelner Kl Arb. in einem Fach für den Sch. einen 
Platz festzustellen. Die Z. müssen auch die Haus- 
arb. berücksichtigen. Bemerkungen dürfen nur in 
sachl. Form und frei von verletz. Schärfe gemacht 
werden, Min Abt Erl. 29. 2. 12, Abl. 59. — 5. Sch.= 
Zucht. Unmittelbare Aufgabe der SchZ. ist Auf- 
rechterhaltung der Ordnung in der Sch. Ihre 
weitere und höhere Aufg. ist jedoch erziehlicher Art 
und begreift in sich die Gewöhnung der Schüler an 
Ordnung, Aufmerksamkeit, Fleiß, Anstand und 
Sitte überhaupt, die Pflege des jugendlichen Ge- 
fühlslebens, des Sinnes für das Gute und 
Schöne, Weckung der sittlichen Kraft und der 
Liebe zum Vaterland. Die Schule unterwirft da- 
her nicht nur Tun und Lassen des Sch. innerhalb 
d. Anst. ihrer Jurisdiktion, sond. auch dasj. außer- 
halb der Sch., soweit die Schul O. davon berührt 
wird, und zwar einschl. der Ferien, da das Schul- 
jahr die F. in sich schließt. Dementsprechend find 
in den örtl. Schul O. für die einz. Anst. Vorschr. 
über das sittl. Betragen und das gesetzl. Verhalten 
der Schüler gegenüber den Mitsch., L. und andern 
Erwachsenen, über den Besuch öff. Orte, Wirts- 
häuser in und außerhalb der Stadt, über * 
sammenkünfte zum Spiel und zum Trinken, Be- 
teiligung an Vereinen, Schülerverbindungen, Be- 
such von Kinematographen, Lesen ungeeigneter 
Schriften, Benützung des Schuleigentums u. a. 
enthalten. Schulstrafen und Verfahren sind in 
der Dienstvorschr. für die Schulvorst. und LKoll. 
geregelt und auszugsw. in den Schülervorschr. 
  
 
	        
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