Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Käse. 
usw. verschiedene, aber für den betr. Zweck ganz 
bestimmte Festigkeit und Elastizität erreicht, so 
nimmt man es entweder mit einem lockeren Tuch 
aus dem Kessel und bringt es in die KForm oder 
gibt ihm Gelegenheit, sich auf dem Boden des K.= 
Kessels zu einer ziemlich kompakten Masse zu- 
sammenzuschließen, die nach dem Abschöpfen der 
Molke weitergeformt und unter die KPresse ge- 
bracht wird. — D. Wenn auch ein zur KBereitung 
verwendbares Gerinnsel sowohl durch das natür- 
liche Sauerwerden der Milch (Selbstsäuerung) 
als durch Labzusatz erzielt werden kann, so unter- 
scheiden sich diese beiden Arten doch physikalisch 
und chemisch wesentlich voneinander. In ersterem 
Fall verändert das in der Milch enthaltene Casein 
nur seinen Aggregatzustand, indem an Stelle 
der QOuellung eine gewisse Festigkeit tritt, wäh- 
rend sich das Casein durch Labzusatz in 2 neue 
Eiweißkörper spaltet. Parakasein in größerer und 
Molkeprotein in kleinerer Menge. Nur ersteres 
wird ohne weiteres fest und schlägt sich lediglich 
unter der Einwirkung des Labferments nieder, 
das Molkeprotein bleibt vorerst in Lösung und 
kann nach dem Herausnehmen des Bruchs erst 
ausge fällt werden durch weiteres Erhitzen auf 73 
bis 74°% C. unter Zusatz von Säure (sog. Molken- 
souer, besteh. hauptsächl. aus einem Gemenge von 
Essig= und Milchsäure). Das auf diese Weise fein- 
flockig ausgeschiedene Molkeprotein liefert dann 
eine zweite K Sorte, den Ziger oder Zicker. Dieser 
wird meist nur in Verbindung mit der Emmen- 
taler-KBereitung während der Sommermonate ge- 
wonnen und entweder wie der WeißK. mit Milch 
(Buttermilch) angerührt und auf Brot oder mit 
Kartoffeln gegessen (es bildet dies die Haupt- 
nahrung der Sennen im Hochgebirge) oder er wird 
geformt, gepreßt, gesalzen, auch wohl angeräuchert, 
kommt aber selten in den Handel. Auch Milchzucker 
läßt sich aus Molke durch Eindampfen derselben 
und mehrmaliges Umkrystallisieren des anfangs 
noch unreinen Zuckers gewinnen. Dieses Ver- 
fahren lohnt sich aber nur da, wo in anderer 
Weise nicht verwertbares Heizmaterial zu aus- 
nahmsweise niederen Preisen zur Verfügung steht. 
Die Molke wird vorwiegend als Schweinefutter 
verwendet und hat selbstverständlich sehr viel 
weniger Nährwert, falls aus ihr Ziger und Milch- 
zucker hergestellt worden ist. — E. Das mit häufi- 
em Wenden verbundene Pressen des K. hat den 
Zweck, ihm eine bestimmte Form und größeren Zu- 
sammenhang zu geben und eine wasserärmere, 
härtere und festere Masse zu erreichen. Aber die 
Labwirkung auf den Bruch hört mit dem Heraus- 
nehmen desselben aus dem Kessel keineswegs auf, 
sondern wirkt auch unter der Presse in der Weise 
noch nach, daß das Parakasein fich mehr und mehr 
zusammenzieht, und dadurch selbsttätig einen wei- 
teren Teil seines Wassergehalts herausdrängt. 
Diese wichtige Nachwirkung macht sich umso deut- 
licher geltend, je mehr Lab verwendet wird, je kon- 
zentrierter dieses ist und je langsamer der Bruch 
abgekühlt wird. Namentlich im Winter muß das 
Ausschöpfen des Bruchs sehr rasch erfolgen, damit 
nicht ein Gemenge von warmen und kalten Ge- 
  
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rinsel entsteht, das zu einer ungleichmäßigen und 
unberechenbaren Reifung führen würde. — F. Bei 
den Lab K. erfolgt die mit einer Beränderung der 
Farbe und Elastizität verknüpfte Reifung an 
allen Stellen des KLaibes gleichzeitig, während sie 
bei Sauermilch K. sich von außen nach innen all- 
mählich vollzieht, so daß sich (namentl. bei Back- 
steinK.) in der Mitte oft ein nicht vergorener, 
weißer, fade schmeckender, geruchloser, unelastischer, 
spröder Kern vorfindet. Diese Sauermilch K. sind 
auch weit ärmer an Calciumphosphat, dagegen 
reicher an Wasser und Milchsäurebakterien. Ihre 
Gärung geht daher viel rascher vor sich, als die der 
LabK., so daß sie, um ein Zerfließen auf dem 
Transport zu verhindern, namentlich während der 
wärmeren Jahreszeit, in nicht ganz reifem Zustand 
in den Handel gebracht werden dürfen. Einer der 
wichtigsten der vielen und komplizierten chemischen 
Prozesse während der KReifung besteht in der 
Spaltung der verschiedenen in der Milch vorkom- 
menden Fette, wobei Fettsäuren nach Lösung ihrer 
Verbindung mit Glyzerin auf das Aroma und den 
Geschmack des K. großen Einfluh, haben. Vermut- 
lich dient auch das bei dieser Fettspaltung frei- 
werdende Glyzerin zur dildung aromatischer Pro- 
dukte. Durch das Salzen des K. wird die Reifung 
reguliert, der Geschmack und die Haltbarkeit ver- 
bessert und der Masse auf osmatischem Wege eine 
weitere Wassermenge entzogen. Das Kochsalz wird 
entweder in den zerkleinerten Bruch hineingeknetet 
oder auf die KLaibe gestreut und das sich bildende 
Salzwasser am folgenden Tag mit Bürsten usw. 
auf der Oberfläche verteilt. In manchen Gegenden 
ist es auch üblich, die frischen KLaibe in konzen- 
triertes Salzwasser einige Tage einzulegen, um 
dadurch zugleich eine festere und widerstands- 
fähigere Rinde zu erzeugen. — C. Gestattet ist das 
Färben der K., das bes. während der Winter- 
monate Anwendung findet, um die dann zwar 
naturgemäße, aber wenig beliebte weiße Färbung 
durch einen gelblich-rötlichen Ton zu verdecken. 
Zu diesem Zweck wird meist eine Lösung von 
Safran oder Orlean verwendet, die man der K.= 
Milch mit dem Lab zusetzt. Sehr wichtig für den 
Verlauf der Gärung ist ein von den Schwan- 
kungen der Außentemperatur unabhängiger, mäßig 
warmer KKeller. Für die wertvolleren KSorten 
(Emmentaler= und Holländer K.) find mehrere 
Kellerabteilungen, die in bezug auf Temperatur 
und Luftfeuchtigkeit voneinander abweichen, für die 
verschiedenen Reifestufen und, um den Reifungs- 
prozeß nach Bedarf verlangsamen und beschleu- 
nigen zu können, unentbehrlich. — Im Sinn des 
Nahrungsmittelgesetzes gelten als verdorben K., die 
sehr stark aufgebläht sind (kleine Löcher find er- 
wünscht und entstehen durch Zersetzung eines Teils 
des in der Milch enthaltenen Milchzuckers, wobei 
sich, ähnlich wie im Brotteig, Kohlensäure bildet, 
sowie durch Bildung von Ammoniak als Abbau- 
produkt der Milchproteinstoffe), Verfärbung (Rot-, 
Blau-, Schwarzwerden des K. mit Ausnahme des 
Roquefort K., der mit einer üppigen Schimmel- 
vegetation durchwachsen und daher streifen- oder 
nefterweise dunkelgefärbt sein muß), Bitter-
	        
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