Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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strafrechtlich haftbar. Die Nichterfüllung der Form- 
vorschriften hat aber Rechtsnachteile; der Lehrh., 
der nicht für die rechtzeitige und ordnungsmäßige 
schriftliche Abfassung des L. sorgt, ist strafbar, 
§ 150 Abs. 1 Nr. 4a; es kann von keinem Ver- 
tragsteil ein Anspruch auf Entschädigung wegen 
vorzeitiger Auflösung des LV. geltend gemacht 
werden, § 127f; der Lehrh. kann keine obrigkeitl. 
Maßnahmen zur Erzwingung der Rückkehr gegen 
den entlaufenen Lehrl. erwirken, § 1274. ie 
Pflicht zur schriftl. Abfassung der L. besteht nach 
§ 126b Abs. 2 nicht für staatlich anerkannte Lehr- 
werkstätten, 9§ 4 Min V. 22. 9. 08, Rgbl. 224, 
sowie bei Lehrverhältnissen zwischen Eltern und 
Kindern, soweit sie auf der elterlichen Gewalt be- 
ruhen; die Eltern haben aber letzteren Falls das 
Bestehen eines solchen Lehrverhältn. der HandwK. 
mit Angaben über Beginn und Dauer der Lehrzeit 
und über das zu erlernende Gewerbe schriftlich 
anzuzeigen, wenn dem Lehrverhältnis eine hand- 
werkerrechtliche Bedeutung zukommen soll. Dem 
Lehrherrn ist die Pflicht auferlegt, der Ortspol Beh. 
auf Erfordern den L. einzureichen. In die durch 
à#1 GewO. vorgeschr. Vertragsurkunde (schriftl. 
) sind, wenn der Vorschr. genügt sein soll, An- 
gaben aufzunehmen über a) das Gewerbe oder den 
Gewerbezweig, in dem die Ausbildung erfolgen 
soll, b) die Dauer der Lehrzeit, c) die gegenseitigen 
Leistungen, d) die Voraussetzungen, unter denen 
die einseitige Auflösung des Vertrags zulässig ist. 
Für HandwBetr. kommen auch die von Handwmé. 
und Innungen erlassenen Lehrl Vorschr. in Be- 
tracht. Die HandwkK haben für die schriftl. Ab- 
fassung der L. Formulare aufgestellt und ihre Be- 
nützung vorgeschrieben, auch dem Lehrh. die Pflicht 
auferlegt, eine Ausfertigung des Vertrags binnen 
2 Wochen der Handw . einzureichen, Gewl. 1909 
406. Für Lehrh., die Innungsmitgl. sind, befteht 
die ges. Pflicht, eine Abschrift des L. der Innung 
einzureichen, § 129b Abs. 1. Die Innungen können 
für ihre Mitgl. auch vorschreiben, daß die schriftl. 
Abfassung des L. von den Organen der Innung 
erfolgt, § 120b Abs. 2. — x IV. Rechte und Pflich- 
ten. 1 Der Zweck des L. ist die Regelung der 
gegenseitigen Rechte und Pflichten des Lehrh. und 
des Lehrl. bzw. seines ges. Vertreters, namentlich 
die Festsetzung der gegenseitigen Leistungen. Daß 
der Lehrl. dem Lehrh. zu gewerbl. Arbeiten in 
seinem Betrieb und der Lehrh. zur Ausbildung 
es Lehrl. verpflichtet ist, gehört zum Begriff des 
L. Der Lehrh. hat Anspruch auf ein Lehrgeld nur, 
wenn ein solches ausdrückl. vereinbart ist oder 
nach Lage der Verhältnisse als vereinbart anzu- 
sehen ist; das gleiche gilt für den Lehrl. hins. des 
Anspruchs auf einen Lohn. Die dem Lehrherrn 
als Lehrgeld ausgesetzte Entschädigung ist häufig 
tatsächlich eine Entschädigung für die Gewährung 
von Kost und Wohnung. Im übrigen ist zu berück- 
sichtigen, daß wichtige gegenseitige Rechte und 
Pflichten des Lehrh. und des Lehrl. durch 
zwingende ges. Vorschr. geregelt sind, die gelten, 
auch wenn sie nicht in den L aufgenommen find 
oder ein förmlicher L. überhaupt nicht abgeschlossen 
ist. Sie können durch Vertragsabmachungen nicht 
  
Lehrvertrag. 
aufgehoben, wohl aber ergänzt werden. Es gehören 
hieher, abgesehen von den gesetzl. Vorschr. über die 
einseitige Auflösung des L., s. V., f.: Der Lehrh. 
ist zu einer sachgemäßen gwerblichen Aus- 
bildung (vgl. auch § 129a Abs. 83) und zur 
sittlichen Erziehung des Lehrl., im Fall eigener Un- 
fähigkeit oder Verhinderung durch einen hiezu be- 
stellten geeigneten Vertreter, verpflichtet, darf ihm 
die zur Ausbildung und zum Besuch des Gottes- 
dienstes an Sonn= und Festtagen erforderliche Zeit 
und Gelegenheit nicht entziehen, hat ihn zum Be- 
such der Fortbildungs- und Fachschule anzuhalten 
und muß den Schulbesuch überwachen, hat ihn vor 
Mißhandlungen durch Haus= und Arbeitsgenossen 
und vor Ueberanstrengung der Arbeit zu schützen, 
darf ihn nicht zu Hausarbeiten verwenden, wenn 
er weder Kost noch Wohnung im Hause hat, § 127 
GewO. Ist der Lehrl. in die häusliche Gemein- 
schaft aufgenommen, so hat der Lehrh. in Ansehung 
des Wohn= und Schlafraums, der Verpflegung, so- 
wie der Arbeits- und Erholungszeit diej. Einrich- 
tungen und Anordnungen zu treffen, die mit Rück- 
sicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die 
Religion des Verpflichteten erforderlich sind, § 618 
Abs. 2 BGB. Hiezu kommen noch Verpflichtungen, 
die den Arbeitgebern im allg. durch die Arbeiter- 
schutzbest., s. Arbeiterschutz, und sonstige Best. 
(BB., RVO.) auferlegt sind. Bei Beendigung der 
Lehrzeit hat, wenn der Lehrl. keinen Lehrbrief vo#n 
der Innung erhält, der Lehrh. dem Lehrl. ein 
Lehrzeugnis auszustellen, das vom Ortsvorsteher 
(§ 81 Min V. 26. 3. 92, Rabl. 59) auf Ver- 
langen kostenlos zu beglaubigen ist, § 1276 
GewpO. Lehrl. im Handwerk soll der Lehrh. am 
Schluß der Lehrzeit zur Ablegung der Gesellen- 
prüfung anhalten, § 1816 GewO. Der Lehrl. ist 
dem Lehrh. und seinem Vertreter zu Folgsamkeit 
und Treue, zu Fleiß und anständigem Betragen 
verpflichtet; er ist der väterlichen Zucht des Lehrh. 
unterworfen, dabei find jedoch dem Lehrh. über- 
mäßige und unanständige Züchtigungen, sowie 
jede gesundheitsgefährdende Behandlung des Lehrl. 
verboten, § 127a GewO. Die ges. Vorschr. über 
die Rechte und Pflichten der Lehrh. und Lehrl. 
können für das Handw. durch Vorschr. der Handw.-= 
Kammern und der Innungen ergänzt werden. Der 
Inhalt der für Betriebe mit 20 und mehr Arb. 
vorgeschr. Arbeitsordnung ist, soweit er nicht mit 
ges. Vorschr. oder mit bes. Vereinbarungen des L. 
im Widerspruch steht, für den Lehrh. und Lehrl. 
dieser Betriebe rechtsverbindlich, § 1846 Abs. 1 
Gew O. — 1 V. Ende des Lehrvertrags. Der L. 
endigt regelmäßig mit dem Ablauf der verein- 
barten Lehrzeit. Die für sonstige gew. Arbeits- 
verträge besteh. Kündigungsfristen (§ 122 Gew.= 
O.) und auch die des 90#. gelten für den gew. 
L. nicht. Der auf bestimmte Zeit abgeschlossene 
L ist grundsätzlich unkündbar. Dagegen kann der 
L. mit beiderseitigem Einverständnis, unter ge- 
wissen Voraussetzungen auch durch einseitige Er- 
klärung vorzeitig aufgelöst werden, auch wenn die 
im Handwerk vorgeschriebene Lehrzeit nicht er- 
füllt ist. Die Ablegung oder Nichtablegung der für 
das Handwerk eingeführten Gesellenprüfung, (. d.,
	        
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