Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Maß= und Gewichtsordnung. 
wegen der verschiedenen Regelung der Eichpflicht 
lalle Maße sind, soweit sie nicht ausdrücklich be- 
freit sind, eichpflichtig; von den Meßwerkzeugen 
nur bestimmte Arten) und der verschiedenen Ge- 
bühren rechtlich bedeutsame Unterschied zwischen 
Maß und Meßwerkzeug sowie der wegen der Eich- 
pflicht ebenfalls wichtige Unterschied beider Be- 
griffe von den Begriffen Meßmaschinen u. dal. 
(letztere sind nicht eichpflichtig) läßt sich aber wohl 
kaum in eine völlig befriedigende Formel bringen; 
die in der Begründung gegebene Begriffsbest. ist zu 
unsicher, da der Begriff des Maßes i. G. zum 
Meßwerkzeug nicht feststeht. In der Praxis macht 
die Unterscheidung übrigens keine Schwierigkeiten. 
1 II. Das metrische Maß= und Gewichtsystem. * 
Die Bedürfnisse des Lebens machen die Aufstellung 
einces förmlichen Maß= und Gewichtsystems seitens 
der Obrigkeit, wenigstens für die wichtigsten Ge- 
biete des Maß= und Gewichtswesens notwendig. 
Im Lauf der Zeit wurden zahlreiche Systeme auf- 
gestellt, aber auch heute noch gibt es kein einheit- 
liches überall gültiges System. Doch ist das in der 
franz. Revolutionszeit in Frankreich aufgestellte 
sog. metrische System auch in vielen andern Län- 
dern eingeführt worden. In den Jahren 1791 bis 
1799 wurde auf Befehl der franz. National- 
versammlung ein Teil des Erdmeridianquadranten 
gemessen; der zehnmillionste Teil des Erd- 
quadranten wurde als Einheit des Längenmaßes 
unter dem Namen „Meter“ festgesetzt. Das 
System wurde dann so ausgebildet, daß alle übr. 
Maßeinheiten einschl. der Gewichtseinheit aus dem 
Längenmaß, dem Meter, abgeleitet wurden. Das 
Flächenmaß wurde durch das Quadrat des Längen- 
maßes gebildet (Quadratmeter), das Körpermaß durch 
den Kubus des Meters (Kubilmeter), die Gewichts- 
einheit durch das Gewicht von 1 Kubikzentimeter 
reinen Wassers bei 4°% Celsius, das man Gramm 
nannte. Diesen Grundmaßen setzte man weitere 
Maßeinheiten zur Seite durch Teilung und Ver- 
vielfältigung der Grundmaße mit der Zahl 10. 
Diese Einheiten benannte man in der Weise, daß 
die Vielfachen der Einheit durch griechische (Deka 
— 10, Hekto —= 100, Kilo = 1000, Myria = 10000), 
ihre Bruchteile durch lateinische (Dezi W= ½0, 
Zenti = 1/166, Milli = A400% Beiworte bezeichnet 
wurden. Da die so entstandenen Bezeichnungen 
(z. B. Dekameter, Quadrathektometer, Kubikdezi- 
meter usw.) den Bedürfnissen des praktischen 
Lebens nicht durchweg genügen, so hat man bei 
den Flächen= und Körpermaßen solche von ge- 
eigneter Größe ausgesucht und mit bes. einfacheren 
Namen versehen, um sie als Einheiten des Feld- 
maßes und des Maßes für solche trockene und 
flüssige Gegenstände, die durch Eirschütten in 
cinen Hohlraum gemessen werden können (OHohl- 
maße) zu gebrauchen. So entstand die Bezeich- 
nung des Ar (vom lateinischen area = Grund- 
flächc) = 100 am und des Liter (altgriechisches 
Flüssigkeitsmaß) —= 1 cchm. Die nächste Aufgabe 
war sodann die Herstellung eines Urmaßes und 
Urgewichts, d. h. eines solchen Maßes und Ge- 
wichts, mit welchem alle übr. Maße und Gewichte 
durch Vergleichung hergestellt werden können. Die 
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Anfertigung eines Grammgewichts als Urgewicht 
konnte jedoch nicht in Betracht kommen, weil ein 
solch kleines Gewichtstück nicht mit der für ein Ur- 
gewicht erforderlichen Genauigkeit hergestellt wer- 
den kann; als Urgewicht wurde vielmehr das 
1000fache des Gramms, das Kilogramm, als das 
Gewicht eines Kubikdezimeters reinen Wassers bei 
+ 40° Celsius hergestellt. Der Urmeterstab und 
das Urkilogramm wurden aus Platin gefertigt; 
sie führen die Bezeichnung „Métre des 
archives“ dbzw. „Kilogramme des 
archives“. — III. Die internationale Meter- 
konvention. x Das zunächst in Frankreich ein- 
geführte metrische System wurde bald auch von 
anderen Staaten, 1868 auch vom Nordd. Bund und 
1870 vom d. Reich übernommen. 1875 schlossen 
dann 17 Staaten in Paris die sog. „Internationale 
Meterkonvention“", um „die intern. Einigung und 
die Vervollkommnung des metrischen Systems zu 
sichern"“; Vertrag nebst Reglement im RGMl. 1876 
191 u. 1908 509. Dem Vertrag sind später noch 
weitere Staaten beigetreten, R#Bl. 85 1287; 91 
19. Die im Vertrag eingesetzte „Generalkonferenz 
für Maß und Gewicht“ stellte 1889 zunächst neue 
Urmaße und Urgewichte des Meters und des Kilo- 
gramms an Stelle der, neueren Ansprüchen an die 
Zuverlässigkeit nicht mehr genügenden „Metre des 
archives“ und „Kilogramme des archives“ aus 
einer Legierung von 90 v. H. Platin und 10 v. H. 
Iridium her. Nach diesen sog. „internat. Pro- 
totypen“ wurden dann die sog. „nationalen 
Prototype'“, d. h. die für die einz. Staaten 
der Meterkonvention maßgebenden Urmaße bzw. 
Urgewichte hergestellt und den einzelnen Staaten 
überwiesen. Die dem d. Reich überwiesenen natio- 
nalen Prototype werden von der K. Normal- 
eichungskommission aufbewahrt und gehandhabt. — 
1 IV. Uebersicht über die deutsche Gesetzgebung. * 
Nach Art. 4 Z. 3 RV. unterliegt die Ordnung des 
Maß= und Gewichtsystems der Beaufsichtigung und 
Gesetzgebung des R. Von dieser Befugnis hat die 
RGes G. nur für die wichtigsten Gebiete des prak- 
tischen Lebens Gebrauch gemacht, jedoch nicht in 
erschöpfender Weise, so daß auf diesen Gebieten auch 
noch für landesrechtl. Regelungen innerhalb der 
Schranken der RG. (Art. 2 RV.) Raum ist. Die 
Gebiete der reichsrechtl. Regelung ergeben sich aus 
f. RG.= und NO.: 1. Maß= und Gewichtsordn. 
30. 5. 08, Rl. 349, abgek. Maß O; 2. die Vorschr. 
der Zoll= und Steuer G. über die Eichung der zu 
steuer= und zollamtl. Zwecken bestimmten Meß- 
geräte, die nach § 6 Abs. 4 MaßO. von diesem 
G. unberührt bleiben; 8. das RG. b. Bezeichnung 
des Raumgehalts der Schankgefäße 20. 7. 81/24. 7. 
09, Röel. 81 249; 09 891; 4. das RG. b. die el. 
Maßeinheiten 1. 6. 98, RGBl. 905; 5. die Schiffe- 
vermessungs O., v. Bdri. erlassen 1. Z. , 
RGBl.153;6.dasRG.b.dieEinführungeiner 
einheitlichenZeitbestimmungle93,RGB1.98; 
7. § 36, 73, 74 u. 78 GewO.; 8. die in Ausführung 
des § 11 G. gegen den unl. Wettbewerb 7. 6. 09, 
RGBl. 499, erlassenen, VO. d. Bdrt. b. Best. für 
den Kleinhandel mit Garn 20. 11. 00 u. 17. 11. 02, 
RGl. 1014 u. 278, und b. Best. über den Klein-
	        
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