Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

606 Pest (orientalische Beulenpest). 
sich ereignet hat. Die Anz. ist mündlich zu er- 
statten; schriftliche Erstattung ist nur bei Sterbe- 
fällen in öff. Kranken-, Gefangenen= und ähnlichen 
Anst. zugelassen. Ohne Genchmigung der Orts- 
pol Beh. darf keine Beerdigung vor der Eintragung 
des Sterbfalls in das Sterbereg. stattfinden. — 
* V. Familienregister. 1 Neben den genannten 
3 Standesreg. hat in W. der Standes B. noch ein 
Familienreg. zu führen. In dem Familienreg. ist 
jede reichsangehörige F., die sich im Standes- 
amtsbez. dauernd niedergelassen hat, auf einem 
bes. Blatt aufgeführt, und es werden hier auch 
alle in den Standesreg. zum Eintrag kommenden 
Veränderungen des Personenstandes der FGlieder 
sofort vermerkt. Die Gebühren für Einsicht des 
FamReg. und für Erteilung von Auszügen aus 
demselben sind dieselven wie bei den Standesreg., 
GKO. Art. 47. Haidlen. 
Pest (orientalische Beulenpest), s. Gemeingef. 
Krankheiten. G. 30. 6.00, R#Bl. 306, VV. 23. 5. 
10, Rgbl. 261, Vorl. Ausfbest. z. Bekämpfung der 
P., REBl. 00 850, Anweisung z. B. d. P., MErl. 
24. 4. O4, 12. 7. 07, 26. 5. 11, Abl. 263, 300, 195. 
— NKI. Borbeugungsmaßregeln. 1 1. Bei PGefahr 
ist den Wohnungen und ihrer Reinhaltung er- 
hehte Aufmersamkeit zuzuwenden. — 2. Vgl. G. 
§ 35. — 3. Die Vertilgung von Ratten, Mäusen 
ist anzustreben. Sobald unter den Ratten (Ge- 
treidelager, Lebensmittelmagazinen usw.) ein auf- 
fälliges Sterben aus unbekannter Ursache beobach- 
tet wird, soll dies sofort der OrtspolBeh. angezeigt 
werden. Häuser, in denen an P. verendete Ratten 
gefunden werden, sind zu desinfizieren. — 4. Auf 
Einrichtung öff. Desinfektionsanst. und Ausbil- 
dung geschulter Personen hiefür ist hinzuwirken. 
— 5. Bes. zu beachten sind Personen, die sich kürz- 
lich an einem von P. heimgesuchten Ort auf- 
gehalten haben. Es empfiehlt sich, sice einer Beov- 
achtung zu unterstellen, die i. d. R. darauf be- 
schränkt werden kann, daß durch einen Arzt oder 
eine sonst geeignete Person zeitweise Erkundigung 
über den Gesundheitszustand des Betreffenden 
eingezogen wird. — 1 II. Anzeigepflicht. 7 Die 
durch P. bedrohten Bezirke sind durch öff. Bek. 
auf die A. hinzuweisen, die Bevölkerung ist zu 
belehren, daß als pestverdächtige Erkrankungen bes. 
schnell entstandene, mit hohem Fieber und mit 
schweren Störungen des Allgemeinbefindens ver- 
bundene Drüsenanschwellungen anzusehen sind, 
und daß nach dem festgestellten Ausbruch der P. 
als pestverd. außerdem gelten alle Erkrankungen 
und Todesfälle an Lungentzündung in dem ge- 
fährdeten Ort oder Bezirk. — 1 III. Ermittlung 
der Krankheit. Bei allen verdächtigen Er- 
krankungen ist so zu verfahren, als ob es sich um 
wirkliche P. handelte. Von jedem ersten Fall von 
P. oder PVerdacht in einem Ort ist das Kais. 
Gesundheitsamt telegraphisch zu benachrichtigen. 
Dem Kais. GesA. sind weiter mitzuteilen tägl. 
Uebersichten über die weiteren Erkrankungs= und 
Todesfälle und wöchentliche Nachweisungen über 
den Verlauf der Seuche in den einzelnen 
Orten. Die endgültige Feststellung des 1. 
PFalls in einem Ort erfolgt durch das 
hygienische Laboratorium des Med Koll., mediz. 
Abt., bzw. durch vom Min J. bes. bestellte Sach- 
verständige. — X IV. Maßregeln gegen die Weiter- 
verbreitung. kx 1. An P. Erkr. oder Verdächt. sind 
sofort abzusondern, ebenso Ansteckungsverd., wenn 
nicht der b. A. die Beobachtung für ausreichend 
erachtet. Absonderung Ansteckungsverd. darf nur 
bis 10 Tage angeordnet werden. — 2. Wohnungen 
oder Häuser, in denen PKranke sind, werden 
kenntlich gemacht. — 3. Für das berufsmäßige 
Pflegepersonal können Verkehrsbeschränkungen an- 
geordnet werden. — 4. U. U. können Kranke in der 
Wohnung belassen und die Gesunden aus der- 
selben entfernt werden; es kann sogar Räumung 
des ganzen Hauses angezeigt sein (Ueberfüllung, 
Unreinlichkeit). Die Räumung ist bes. dann not- 
wendig, wenn unter den Ratten oder Mäusen in 
einem solchen Haus die P. ausgebrochen ist 
oder wenn unter den Bewohnern die Seuche 
wiederholt auftritt. Den Betroffenen ist an- 
derweitig gecignete Unterkunft unentgeltlich 
zu bieten. — 5. Für den Transport der 
Kr. und Verd. sollen dem öff. Verkehr dienende 
Fuhrwerke nicht benützt werden. — 6. Ueber Auf- 
vewahrung, Einsargung, Beförderung (§ 8 M. 
7. 8. 07, Rgbl 289), Bestattung und Leichenöffnung 
der an P. Gestorbenen vgl. Ausfbest. Nr. 7. — 
7. In Häusern, in denen P. auftritt, ist für Des- 
infektion der Ausscheidungen des Kr. und der mit 
den Kr. oder Gestorbenen in Berührung gekomme- 
nen Gegenstände zu sorgen. — 8. Veranstalt., die 
eine Ansammlung größerer Menschenmengen mit 
sich bringen (Messen, Märkte) an oder in der Nähe 
solcher Orte, in welchen die P. ausgebrochen ist, 
sind u. U. zu untersagen. — 9. Jugendl. Personen 
aus Behausungen, in denen P. vorgekommen ist, 
sind, solang eine Weiterverbreitung der Seuche 
aus diesen Behausungen zu befürchten ist, vom 
Schulbesuch fernzuhalten. Wenn in einem Ort die 
P. heftig auftritt, kann die Schließung der 
Schulen erforderlich werden. Bei PFällen im 
Schulhaus muß die Sch. geschlossen werden. Pers., 
die der Ansteckung durch die P. ausgesetzt waren, 
sind auf die Dauer der Ansteckungsgefahr von der 
Erteilung des Schulunterrichts ausgeschlossen. — 
10. Verkaufstellen von Lebensmitteln in Häusern, 
in denen P. vorgekommen, sind zu schließen, wenn 
die Fortsetzung des Betriebs als gefährlich zu be- 
trachten ist. — 11. Für Orte oder Bezirke, in 
denen die P. sich weiter verbreitet, ist die Ausfuhr 
von gebrauchter Leibwäsche usw., Hadern und 
Lumpen aller Art zu verbieten. — 12. In Orten, 
die von der P. befallen oder bedroht sind, und in 
deren Umgegend kann die Benützung von Brunnen, 
Teichen, Seen, Wasserläufen und Leitungen, sowie 
der öff. Bade-, Schwimm-, Wasch= und Bedürfnis- 
anstalten verboten oder beschränkt werden. — 
X V. Allgemeine Vorschriften. 1. Vgl. G. § 23. 
— 2. Die zur Abwehr der PGefahr getroffenen 
Anordnungen dürfen nur nach Anhörung des b. A. 
aufgehoben werden. — 3. Benachrichtigung der 
Militärbehörden, Bek. 28. 2. 11, RGBl. 63, VV. 
§ 14. — 4. PKranke dürfen mit der Eisenbahn 
nicht befördert werden, § 11 Abs. 8 EnB O. 23. 12. 
08, RE#Bl. 09 93. Rößler.
	        
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