Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Polizeiaufsicht — 
der LPZ. wurden durch Nachtragsges. zu dem 
Finanzges. v. 18. 3. 14 Rabl. 85 zur Verfügung 
gestellt. — S. auch Bertillon u. Fingerabdruck- 
verfahren, sodann PAufsicht, PBeamte usw. 
Busse. 
Polizeianussicht. Gemäh 38 StGB. kann neben 
einer Freiheitstr. in den durch das Ges. vorgesehe- 
nen Fällen auf die Zulässigkeit von P. erkannt 
werden. Die höhere LandespolBeh. erhält durch 
ein solches Erkenntnis die Befugnis, nach z 3 
der Gefängnisverw. den Verurteilten auf die Zeit 
von höchstens 5 Jahren unter P. zu stellen. Diese 
Zeit wird von dem Tag berechnet, an welchem die 
Freiheitstr. verbüßt, verjährt oder erlassen ist. — 
Gemäß § 39 St G. hat die P. f. Wirkungen: 
1. Dem Verurteilten kann der Aufenthalt an ein- 
zelnen best. Orten von der höh. LandespolBeh. 
untersagt werden; 2. die höh. Landespoleh. ist 
befugt, den Ausländer aus dem Bundesgebiet zu 
verweisen; 3. Haussuchungen unterliegen keiner 
Beschränkung hinsichtlich der Zeit, zu welcher sie 
sattfinden dürfen. — Die P. stellt ch als poliz. 
räventivmaßnahme dadn, ihre Zulässig- 
keit ist durch gerichtl. Urteil auszusprechen, 
ihre Verhängung und Ausmessung ist Sache der 
höh. LandespolBeh. Sie ist als Nebenstrafe 
anzusehen. Gegen Jugendliche . die Zu- 
lässigkeit der P. nicht zu erkennen, § 57 3Z. 5 
StGB. — Der Inhalt der P. umfaßt: Auf- 
enthaltsverbot, Ausweisungsbefugnis gegenüber 
von Ausländern und das Recht zur Vornahme von 
Haussuchungen ohne Zeitbeschränkung. Die sog. 
Verstrickung od. Konfination (Verweisung an 
einen bestimmten Ort) ist dagegen nicht zu- 
lässig. Außerhalb des StE#B ist die Zulässig- 
keit von P. angedroht; in der Seemannsordnung, 
dem Nahrungsmittelgess. dem Sprengstoffges., 
dem Ges. gegen den Verrat militärischer 
Geheimn. — In W. ist zur Vollz. v. § 38 u. 39 
St GB. die V. Min Just. u. J. über P. 16. 1. 72, 
Rgbl. 5, und die V. ders. Min. 18. 11. 02, 
Rgbl. 581, und Min Erl. 10. 12. 02, Abl. 467, 
ergangen. Hienach sind in W. die zur Vollz. 
der gen. Paragraphen berufenen höh. Verw.-= 
Beh. die Kreisreg. Zuständig ist die Kreis- 
regierung des Wohnsitzes des Verurt., mangels 
eines Wohnsitzes die Kreisreg. der Heimat Gde oder 
mangels einer solchen oder bei Nichtwürtt. der Sitz 
des erkennenden Gerichts. Gegen eine die Stel- 
lung unter P. anordnende V. der Kreisreg. ist 
Beschwerde an das Min J. zulässig, jedoch ohne 
aufschiebende Wirkung, Rechtsbeschwerde 
ist nur insoweit zulässig, als das Vorliegen der 
ges. Voraussetzungen bestritten wird unbeschadet 
der Vorschrift des § 490 Str Pr O. Die Stellung 
unter P. ist anzuordnen, wenn nach Beschaffen- 
heit des verübten Verbrechens oder Verg. und 
nach der Persönlichkeit des Täters von ihm die 
Gefährdung der öff. Ordnung, der Sicherheit oder 
der Sittlichkeit zu besorgen ist. Das Verfahren 
ist kurz (.: ie Vertreter der Strafanstalten 
haben bezügl. derj. Gefangenen, bei welchen auf 
Zulässigkeit von P. erkannt ist, einige Zeit vor 
ihrer Entlassung aus der Anstalt nach vorgängi- 
ger Beratung in der Konferenz der zuständigen 
  
  
Polizeibeamte. 611 
VerwBeh. (OA., Kreisregierung) gegenüber sich 
gutächtlich darüber zu äußern, ob P. zu verfügen 
oder hievon abzustehen sein dürfte, wobei nach 
Vernehmung des Gefangenen noch anzugeben ist, 
ob und in welcher Weise der zur Entlassung 
Kommende sich bereit erklärt hat, sich der Schutz- 
fürsorge des Vereins für entlassene 
Strafgefangene (Mins. u. Just V. 18. 11. 02, 
Rgbl. 581) zu unterstellen Wenn die Kreisreg. die 
Stellung des aus der Strafanstalt zu Entlassenden 
unter P. beschließt, hat sie sich auch über die Zeit, 
für welche die Maßregel verfügt wird, sowie dar- 
über auszusprechen, ob bzw. an welchen Orten der 
Aufenthalt untersagt werden will und bei Aus- 
ländern, ob Ausweisung aus dem Bundesgebiet er- 
folgen soll. Weiter sind von der Kreisreg. die 
Strafanstaltsverwaltung und der o. gen. Landes- 
verein für entl. Strafgef. rechtzeitig von der Be- 
schlußfassung in Kenntnis zu setzen, ebenso das 
betr. OA., welchem die Ueberwachung des unter P. 
Gestellten obliegt. Ueber sämtl. unter P. gestellte 
Personen wird von den Kreisreg. ein Verzeichnis 
geführt. Ueber Wohnungswechsel der unter P. Ge- 
stellten haben sich die Oe. sofort Nachricht zu 
geben. Im übr. sind die PolBeh. deri. Orte, in 
welchen den unter P. gestellten Personen der 
Aufenthalt untersagt ist, hievon behufs Instru- 
ierung des Pol Personals in Kenntnis zu setzen. 
Gesuche um Aufhebung der Zulässigkeit der P. sind 
an das Min Just. zu richten, ebenso solche Gesuche 
um Aufhebung im Gnadenweg. Busse. 
Polizeibeamte sind solche Beamte, welchen die 
Ausübung der Polizeigewalt übertragen ist. Man 
unterscheidet zwischen höheren und niederen PB., 
letztere (PB. im e. S.) sin dmit der Voll- 
streckung pol. Anordnungen betraut; sie sind 
Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft, s. d., erste- 
ren steht die Entscheidung in poliz. Ange- 
legenheiten zu. — Während gem. Art. 163 Gde O. 
die Verwaltung der Ortspolizei, allgemein 
durch den Ortsvorsteher zu erfolgen hat, 
können gem. Art. 165 Gde O. in den großen und 
mittleren Städten auf Grund einer Gdesatzung 
ein oder mehrere Beamte (beson- 
dere P., selbständige P.) zur Verwal- 
tung der Polizei im Ganzen oder zur Besor- 
gung bestimmter polizeilicher Geschäfte aufgestellt 
werden, welche innerhalb ihres Wirkungskreises 
die dem Ortsvorsteher zukommenden Befugnisse 
mit Ausnahme des Vorsitzes im Gdeat oder 
dessen Abteilungen Felbstandig, auszuüben er- 
mächtigt sind. — Diese P., welche, wenn 
ihnen die PVerw. im Ganzen übertragen 
werden soll, in den großen Städten die Prüfung 
für den höheren Justiz= oder Verwoienst, im 
übrigen mindestens die Prüfung für den mitt- 
leren Justiz= oder VerwoDienst erstanden haben 
müssen, s. d., werden gem. Art. 103 Gde O. an- 
gestellt. Ihre Anstellung bedarf der Bestätigung 
der KrReg., ihr Wirkungskreis wird durch Ge- 
meindesatzung bestimmt (§ 243 VV. z. Gde O.), 
welche gleichfalls der Genehmigung der Kreis- 
regierung bedarf. Soll dem Ortsvorsteher für 
einzelne Geschäfte in bestimmten Fällen ein un- 
mittelbares Eingreifen vorbehalten werden, so
	        
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