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Polizeiverordnung ist eine von den Organen
der PolVerwaltung ausgehende Rechtsnorm; sie
unterscheidet sich von der PolVerfügung, welche
sich als Einzelbefehl der vollziehenden Gewalt
darstellt, dadurch, daß sie, wie das Gesetz, eine
allgemein bindende Rechtsvorschrift innerhalb der
Lebensverhältnisse, die sie regeln will, erzeugt,
die PVO. wirkt wie ein Gesetz und unterscheidet
sich von diesem nur durch das formelle Zustande-
kommen (lhier Staatsoberhaupt, Volksvertretung,
Verkündigung, dort im Weg der gesetzlichen Dele-
gation), 6 auch Verordnungen. — In Württ.
beruht das Verordnungsrecht in Poli-
zeisachen in der Hauptsache auf Art. 51 ff.
des Pol tr G.; hienach können pol. Vorschriften
oder Anordnungen durch Kgl. Verordnung oder
Ministerialverfügung, sowie für den Geltungs-
bereich eines Oberamtsbezirks oder mehrerer Ge-
meinden durch die Bezirks PolBeh., für den Be-
reich eines Gdebez. durch die OrtspolBeh. er-
lassen werden. Ortspol. Vorschriften vorüber-
gehender Art werden von dem Ortsvor-
steher, BezPol Vorschriften dieser Art von dem
OAMann erlassen. Ortspol. Vorschriften, welche
eine für fortdauernde Geltung bestimmte
Anordnung enthalten, bedürfen der Zustim-
mung des Gderats, bezpol. Vorschriften dieser
Art sind den vorgesetzten höheren Verwal-
tungsbehörden zur Prüfung vorzu-
legen; diese Anordnungen sind erst nach Ablauf
von 30 Tagen nach Vorlegung an die höhere
Verweh. vollziehbar, sofern sie von letzterer nicht
früher als vollziechbar erklärt worden sind. Keine
VO. oder pol. Vorschrift darf mit einem Gesetz
oder mit der Anordnung einer höheren
Beh. im Widerspruch stehen; weitere Beding-
ungen der Gültigkeit der PVO. sind gesetzl. Zuläs-
sigleit der Erlassung, Zuständigkeit zur Erlassung
und formell gültiges Zustandekommen (s. v. Schik-
ker PStr G. S. 309). Vorschriften, welche in
älteren vor dem Erscheinen der Verfl. v. 25. 9.
1819 ergangenen Verordnungen, Generalreskripten
us. erlassen sind, soweit sie sich auf Gegenstände
beziehen, deren Regelung dem VOWeg anheim-
fällt, können übrigens durch Kgl. VO. aufgehoben
oder abgeändert werden. Unzulässig ist die
Aufstellung selbständiger Strafandrohungen und
Straffestsetzungen, wie man sie häufig an Orts-
tafeln, Brunnenstöcken usw. liest. Z. B. „Das
Begehen dieses Fußwegs ist bei 3 & Strafe ver-
boten.“ Derartige Strafandrohungen sind nich-
tig. Die PVO. sind in dem Bereich, für welchen
sie Geltung erlangen sollen, gehörig bekannt
zu machen. Die landesherrliche VO. und Min.=
Verf. werden im Regbl. veröffentlicht. Ueber
die Art der Verkündigung der bez.= u. ortspol.
Vorschriften hat das Min. d. J. in der Verf. vom
B. 1. 72, Regbl. 16, nähere Vorschriften erlassen. —
Die zunächst vorgesetzten und höheren Verw Beh.
sind befugt, bezirks= oder ortspol. Vorschriften
wegen Ungesetzlichkeit ihrer Erlassung
oder wegen Widerspruchs mit der Anordnung
einer höheren Beh. oder wegen Nachteils
für das öff. Wohl oder wegen Verletzung
der Rechte Dritter außer Wirksamkeit
Polizeiverordnung — Postwesen.
zu setzen, oder deren Vollzug einzustellen. Außer
dieser hier vorgesehenen Aufhebung der PV. tritt
eine PV. vorübergehender Art. dann außer Wirk-
samkeit, wenn der Anlaß, für welchen sie gegeben
ist, weggefallen ist; bei den dauernden PO. er-
lischt die Wirksamkeit durch Zurücknahme seitens
der erlassenden Beh. (Zustimmung des Gderats
oder des Bezrats wie bei der Erlassung notwen-
dig, nicht aber die der vorgesetzten Beh.), bei Erlaß
von Gesetzen oder VO., welche den gleichen Gegen-
stand betreffen, bei Wegfall der gesetzl. Grund-
lage, auf welcher die PV. beruhen. — Aender-
ungen orts= oder bezpol. Vorschriften unter-
liegen den gleichen Bestimmungen wie die GEr-
lassung neuer. Bezüglich der Befugnis der vor-
gesetzten und höheren Verweh. ist zu bemerken,
daß ortspol. V. vom Oumt, der Kreisreg. oder dem
Min. d. J., bezpol. von der Kreisreg. und dem
Min. d. J. aufgehoben werden können, u. zw.
entweder im Instanzenweg oder aber auch sofort
von der höheren oder höchsten Beh.; der Verw.--
Gerhof ist zur Aufhebung von PV. an sich nicht
zuständig, doch steht ihm zu, wenn er einer Rechts-
beschwerde (s. d.) gegen den Vollzug einer pol.
Vorschr. stattgibt, die in Anwendung der fragl.
PV. getroffene spezielle Verfügung außer Wirk-
samkeit zu setzen; ebensowenig ist der Straf-
richter befugt, eine allg. PV. aufzuheben, wohl
aber kann er, wenn eine der oben erwähnten
Voraussetzungen zur Gültigkeit der PV. fehlt, die
Anwendung des Strafgesetzes ablehnen oder den
Beschuldigten freisprechen. Wenn eine ortspol.
Vorschr. i. S. der Art. 51 und 52 Abs. 2 der
L#PS tr Ges. wegen Ungesetzlichkeit ihrer Erlas-
sung (Art. 56 a b c) außer Wirksamkcit gesetzt
oder aus diesem Grund ihr Vollzug eingestellt
wurde, kann Rechtsbeschwerde an den Verw e-
richtshof nach Erschöpfung der VermBeschwerde
erhoben werden, auch ohne daß die Gde den Nach-
weis der Verletzung eines ihr zustehenden Rechts
oder der Belastung mit einer ihr nicht obliegen-
den Verbindlichkeit zu erbringen hätte. (Art. 195
Abs. 2 GO.). Busse.
Postwesen. Die Post ist eine vom w. Staat ge-
werbsmäßig betriebene Anst., die neben Eisenbahn
und Telegraph, s. d., den Verkehr der Landes-
bewohner unter sich und mit Bewohnern anderer
Lönder unter Beschränkung auf best. Verkehrs-
zweige vermittelt. Die GewO. ist auf den Betr.
der P. nicht anzuwenden, GewO. 55. — 1xf I. All-
gemeines. Einrichtung und Unterhaltung der
P. ist Ausfluß der Regierungsgewalt, Regal. Die
NV. beansprucht in Art. 4 und 48—51 das P.=
Wesen für das Reich, beläßt aber nach Art. 52
W. und Bayern die eigene PVerwaltung mit der
Maßgabe, daß dem R. die Ges Gebung über die
Vorrechte der P., ihre rechtl. Verhältnisse zum
Publikum, die Portofreiheiten und das PTax-
wesen zusteht, mit Ausschl. der reglementarischen
und Tarifbest. für den inneren w. Verkehr. Weiter
kommt dem Reich die Regelung des PVerkehrs mit
dem Ausl. zu, ausg. den unmittelb. Verkehr Ws
mit Oesterreich und der Schweiz. An den zur R.=
Lahe fließenden Einnahmen der P. hat W. keinen
Teil. — Im d. R. bestehen 3 PVerw.: die Reichs-