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Arbeiterschutz. 1 I. Allgemeines. # Zwischen
den selbständigen Gewerbetreibenden und den ge-
werbl. Arbeitern ist es an und für sich Gegen-
stand freier Uebereinkunft, wie sie ihr Verhältnis
zu einander festsetzen wollen, § 105 GewO. Hie-
bei erscheint naturgem. der ArbGeb. als der wirt-
schaftlich stärkere, der Arb Nehm. als der wirt-
schaftl. schwächere Teil. Zur Bewahrung der Arb.=
Bevölkerung vor Ausbeutung durch gewissenlose
Unternehmer und damit vor körperlicher, sittlicher
und wirtschaftl. Schädigung ist die privatrechtliche
Freiheit des Arbeitsvertrags durch die GewO.,
wie auch durch andere Reichsgesetze weitgehenden
Beschränkungen unterworfen worden. Unter Ar-
beiterschutz ist daher im wesentl. der Inbegriff
derj. bürgerlrechtl. und gewerbepoliz. Best. zu ver-
stehen, die die gewerbl. Arb. gegen mißbräuchliche
Ausnützung ihrer Arbeitskraft zu schützen be-
stimmt sind. Die bezügl. Schutzbest. enthält der
Tit. VII GewO. Sie finden auf Gehilfen und
Lehrlinge in Apotheken keine, auf die in § 154
Abs. 1 Z. 2—6 GewO. bez. Pers. nur teilweise
Anwendung. Durch das RG., betr. Kinderarbett
in gewerbl. Betr., 30. 3. 03, Rl. 113, und das
Hausarbeit G. 20. 12. 11, REl. 976, haben sie
— übrigens ohne Aenderung des Rechts in
Tit. VII GewO. — eine wesentl. Ausdehnung er-
fahren. Sie sind teils bürgerlrechtl. (s. bes. § 105,
105a, 121—125, 127f u. g. 1340 Gew O.), teils öff.=
rechtl. Natur. Die letzteren sind teils allg. Art,
teils gelten sie nur für best. Klassen gewerbl.
Arbeiter. — II. Als 1#x allg. Vorschr. kx kommen
in Betracht: 1. das Gebot der Arbeitsruhe an
Sonn= und Festtagen, § 105b—105h, Ausn. § 105s
GewO., s. Sonntagsruhe; — 2. die Verpflichtung
der Gewünternehm., den Arbeitern auf Verlangen
Zeugnisse über die Art und Dauer ihrer Beschäf-
tigung auszustellen, § 118 GewO., für Hand-
lungsgehilfen § 73 HG#B., fs. Arbeitszeugnis; —
3. die Befugnis des Bdrt., für best. Gew. zur Be-
seitigung etwa hervortretender Unklarheit der
rbeitsbedingungen Lohnbücher oder Arbeitszettel
vorzuschreiben und die zur Ausführung erforderl.
Best. zu erlassen, § 1140—114e Gew O., s. Lohn-
bücher; — 4. das Verbot des sog. Trucksystems, s. d.,
und die übrigen Lohnschutzvorschr. in § 115—119b
Gew O., (. Lohnzahlung: — 5. die Verpflichtung der
Gew#-Treib., die nötigen Vorkehrungen zu treffen,
die zum Schutz der Arb. gegen Gefahren für
Leben und Gesundheit sowie zur Aufrechterhal-
tung der guten Sitten und des Anstandes erfor-
derlich find, § 120a, 120b GewO., für Hand-
lungsgehilfen § 62 Abs. 1 HGB. vbd. § 139h
Gew O., für Werkstätten der Hausindustrie § 10
Hausarbeit G., s. Betriebschutz; — 6. die Befugnis
des Bdrt., u. U. des Min J. oder Ol., für solche
Gew., in welchen durch übermäßige Dauer der
tägl. Arbeitszeit die Gesundheit der Arb. gefähr-
det wird, Dauer, Beginn und Ende der zulässigen
tägl. Arbeitszeit und der zu gewährenden Pausen
zu regeln und die zur Durchführung erforderl.
Anordnungen zu rrlassen, sog. sanitärer oder
hygienischer Maximalarbeitstag, § 120f GewO.,
s. Arbeitszeit; — 7. gleichfalls für alle Klassen ge-
Arbeiterschutz.
werbl. Arb., mit Ausn. jedoch der Betriebs-
beamten, Werkmeister und Techniker, 1338
Gew O., und unter Beschränkung auf diej. Betr.,
in welchen i. d. R. mind. 20 Arb. beschäf-
tigt werden, ist vorgeschrieben: a) die Beschrän-
kung der Lohnverwirkungsabrede, s. Lohnverwir-
kung. Im Falle des Kontraktbruchs durch den
Arb., s. d., kann hier im Weg der Vereinbarung
einer Vertragsstrafe die Verwirkung des rück-
ständ. L. über den Betrag des vom Arb. bezogenen
durchschnittl. Wochenlohnes nicht beansprucht
werden. Auch findet diesenfalls die Best. in § 124b
Gewp O. keine Anwendung, wonach an Stelle der
Vertragserfüllung oder des Ersatzes des nach-
gewiesenen Schadens ohne Schadensnachweisung
eine feste Entschädigung verlangt werden kann, die
auf den Betrag des sog. Ortslohnes, § 149 RVO.,
für den Tag des Vertragsbruchs und jeden f. Tag
der vertragsmäßigen oder ges. Arbeitszeit, höchst.
aber für 1 Woche festgesetzt ist, 5 134 Abs. 1
GewO.; b) die Verpflichtung der Gewllntern.,
den Arb. bei jeder regelmäßigen Lohnzahlung
einen schriftl. Beleg (Lohnzettel, Lohntüte, Lohn-
buch usw.) über den Betrag des verdienten L. und
der einz. Arten der Abzüge auszuhändigen, § 134
Abs. 2 GewO., s. Lohnzahlung. Auf Bergwerke,
Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch
betriebene Brüche oder Gruben findet diese Vor-
schrift allg., also ohne Beschränkung auf Betr. mit
mind. 20 Arb., Anwendung, § 154a Abs. 1 GewO.
Wo für einz. Gewerbezweige auf Grund § 114a
oder § 114% GewO. Lohnbücher, s, d., oder
Arbeitszettel eingeführt sind, ersetzen diese die in
§ 134 Abs. 2 vorgeschriebenen Lohnzahlungsbelege;
c) die Verpflichtung der Gewüntern., für ihren
Betrieb innerh. 4 Wochen nach Betriebseröffnung
eine Arbeitsordnung zu erlassen, s. d. — 1 III. Bes.
Schutzvorschr. für bestimmte Arbeiterklassen: 1
1. Arbeiter unter 21 Jahren: a) Minderj. dürfen
als gewerbl. Arb. nur beschäftigt werden, wenn sie
mit einem von dem Ortsvorst. ihres letzten dauern-
den Aufenthaltsorts auszustellenden Arbeits-
buch, s. d., versehen sind, § 107—112 Gew O.;
b) Das nach § 113 Gew O. den Arb. vom Arb Geb.
auf Verlangen auszustellende Beschäfti-
gungszeugnis kann, wenn der Arb. minderzj.
ist, auch von seinem ges. Vertreter gefordert wer-
den, der weiterhin verlangen kann, daß das Z.
an ihn, nicht an den Minderj. ausgehändigt
werde, § 113 Abs. 4 GewO., s. Arbeitszeugnis.
2 Durch statutarische Bestimmung einer Gde
oder eines weiteren Kommunalverbands kann allg.
oder für gewisse Arten von Gen Treib. vorgeschrie-
ben werden, daß der von minderj. Arb. verdiente
Lohn an die Eltern oder Vormünder und nur mit
deren schriftl. Zustimmung oder nach deren Be-
scheinigung über den Empfang der letzten Lohn-
zahlung unmittelbar an den Minderj. gezahlt
wird oder daß die GewnTreib. den Eltern oder
Vormündern innerh. gewisser Fristen Mitteilung
von den an Minderj. gezahlten Lohnbeträgen zu
machen haben, § 119a Abs. 2 Z. 2 u. 3 GewO.,
s. Lohnzahlung. d) Mit Zustimmung eines stän-
digen Arbeiterausschusses, s. d., § 134h Gew O., kann