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trauen in die Rechtsprechung zu geben. Der
Grundsatz der Mündlichkeit gilt im
Vers Pr. insofern, als in Spruchsachen die Entsch.
der erkennenden Beh. stets auf Grund einer mündl.
Verhandlung zu erfolgen hat, § 1660, 1679, 1698,
1701, 1771. Eine gewisse Ausnahme kann in der
Einrichtung der Vorentscheidung, s. u. 3. db, ge-
funden werden, durch die mangels Anfechtung
eine Spruchsache auch ohne mündl. Verh. erledigt
werden kann. Die Mündlichkeit der Verhandlung
bedeutet aber nicht, wie im Ziv Pr., daß der Richter
nur das in der mündl. Verh. von den Part. Vor-
getragene berücksichtigen dürfe. Die Entsch. erfolgt
vielmehr auf Grund des in und außerhalb der
Verh., mündlich oder schriftlich Vorgebrachten und
des von Amts wegen gesammelten Ertoffte. Des-
halb brauchen auch die Part. in der mündl. Verh.
nicht zu erscheinen oder sich vertreten zu lassen,
sondern der Grundsatz der Mündlichkeit gewährt
ihnen nur das Recht zur mündl. Vertretung ihrer
Anträge, § 1662. Die mündl. Verh. bildet aber
die Grundlage der zeusch Deshalb muß in ihr
der gesamte Streitstoff vollständig vorgetragen
und zum Gegenstand der Verh. gemacht werden;
der Sachvortrag erfolgt durch den Vors. oder den
Berichterstatter, nicht wie im Zir Pr. durch die
Parteien, § 44 Abs. 1 BAO., § 28 Abs. 1 OVAO.,
§ 27 Abs. 2 RL AO. Der Grundsatz der Un-
mittelbarkeit bedeutet, daß die entscheid. Beh.
sich die Kenntnis des Sachverhalts aus eigener un-
mittelbarer Wahrnehmung verschaffen muß. Des-
halb muß die Verh. einschließlich der Beweis-
aufnahme vor der entscheid. Beh., also vor dem
Spruchausschuß, der Spruchkammer ufw. statt-
finden. Für die Beweisaufnahme kann aber dieser
Grundsatz dadurch eine starke Einschränkung er-
fahren, daß nach § 1652 der Vors. in Vorbereitung
der Sache vor der mündl. Verh. Beweis erheben
kann; es genügt dann nach dem G., wenn in der
mündl. Verh. nur das Ergebnis der Beweisaufn.
aus den Akten vorgetragen wird. Der Grund-
satz der Oeffentlichkeit, wonach jeder-
mann, nicht nur ein Beteil., der Verh. anwohnen
kann, gilt für die mündl. Verh. vor den Spruchbeh.,
5* 1660, 1679, 1698, 1701, 1771. Für den Ausschluß
der Oeffentlichkeit gelten mit dem GG. überein-
stimmende Vorschr. Verh. außerhalb der Sitzung,
bes. Beweisaufnahmen, sind nicht öff., 5 57 VAO.
— 3. Die einzelnen Abschnitte des
Verfahrens. Das Verf. vor den VersBeh.
in Spruchs. spielt sich in allen Instanzen, vor dem
SprAusschuß des VA., der SorKammer des O .
und dem SprSenat des RV A. im wesentl. in den-
selben Formen ab. Die für das Verf. vor dem
V. aufgestellten Regeln gelten nach § 1679, 1698,
1701 grundsätzlich, mit den im Ges. genannten
Ausnahmen, wr das Verf. vor dem O#A. und
R A. entsprechend. Deshalb werden die einzelnen
Abschnitte des Verf. im f. für alle Instanzen zu-
sammenfassend besprochen. — a) Einleitung
es Verfahrens. Im Sprerf. wird das
Verf. immer eingeleitet durch einen Antrag an
die entscheidende Beh. auf Erlaß einer Entschei-
dung. In den erstinstanzl. Anträgen, also in den
Antr. an das V., wird die Verurteilung des
Reichsversicherung.
Gegners entspr. einem vom Antragsteller behaupte-
ten materiell-rechtl. Anspr. verlangt. In den
Rechtsmittelantr. (an das OVA. und RVA.) wird
die Abänderung des angefocht. Urt. der Unterinst.
oder des Besch. des VT. verlangt. Was und von
wem etwas verlangt wird, soll der Antr. bestimmt
bezeichnen und unter Angabe der Tatsachen und
Beweismittel begründen. Die Antr. an das V.
können mündl. oder schriftlich gestellt werden; über
mündl. ist eine Niederschrift zu fertigen. Berufung,
Revision und Rekurs sind schriftl. einzulegen,
§ 1709 RVO., § 13 OAO., § 22 RVMO. Die
Antr. sind bei der für die Entsch. zust. Beh. zu
stellen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist; un-
zuständige Beh. oder VT. haben sie unverzüglich an
die zust. Stelle abzugeben. Die Rechtsmittelfrist,
die, abgesehen von einz. Ausn., für alle Rechts-
mittel, Berufung, Revision, Rekurs, Beschwerde,
1 Mon. beträgt, wird durch Einreichung bei einer
solchen unzust. Stelle gewahrt. Ist infolge von
Naturereignissen oder andern unabwendbaren Zu-
fällen eine Antragfrist oder überhaupt eine ges.
Verfahrenfrist versäumt worden, so wird dem
Beteil. auf Antr. die Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nach § 131—134 erteilt. — bp) Vor-
bereitung der Sache durch den Vor-
sitzenden. Ist ein Antrag gestellt, so hat der
Vors. die Sache zur Entsch. durch die SprBeh.
vorzubereiten, § 1652 f. Zur Vorber. gehören oder
können gehören bes. f. Maßnahmen: 1. Mitteilung
des Antrags und weiterer Schriftsätze und Er-
klärungen an die Gegenpartei zur Kenntnisnahme
und Gegenerklärung, § 20, 21, 30 VA., §5 16
O#O., § 23 RVO. 2. Akteneinforderung, § 22
VAO., 8 17 OVAO., § 22 RVMO. 3. Prüfung
der Prozeßfähigkeit der Part., der Vertretungs-
befugnisse und Vollmachten, der Ordnungsmäßig-
keit der Antragstellung usw. und Veranlassung der
Beseitigung etwaiger Mängel, § 17, 18 V2.,
8 14, 16 OVAO. 4. Ermittlungen, bes. Beweis-
erhebungen zur Klarstellung des Sachverhalts. Den
Beteiligten ist der Inhalt und auf Verlangen Ab-
schrift der Beweisverhandl. mitzuteilen; wie weit
ärztl. Zeugnisse und Gutachten mitzuteilen sind,
entscheidet der Vors., 5 1653 RO., § 30 VA.
5. Zuziehung Dritter zum Verf., s. o. 1. d.
6. Veranlassung der Feststellung präjudigieller
Rechtsverhältnisse, § 1654. 7. Anberaumung der
Verh. und damit zusammenhängende Maßnahmen:
Benachrichtigung oder, falls das pers. Erscheinen
angeordnet wird, Ladung der Parteien, Ladung
von Zeugen und Sachverständigen u. a., § 1655,
1656 RVO., § 37—40 VMAMO., 8 28, 24 OMAO.,
§ 25 RVWO. Statt dessen kann aber auch 8. der-
Vors. im SprVerf. vor dem VA. und O A., nicht
aber vor dem RVA., in allen Sachen versuchen,
den Fall ohne mündl. Verh. durch eine Vorent-
scheidung, § 1657—1659, zu erledigen. Ihr
materieller Unterschied vom Urteil der Spruchbeh.
liegt nur in der anders geregelten Anfechtbarkeit:
gegen die Vor Entsch. kann entweder das gegen das
Urt. zulässige Rechtsmittel eingelegt oder binnen
der gleichen Frist Antrag auf mündl. Verh. gestellt
werden (Ausn. § 1776); die Vor Entsch. muß hier-
auf unter Angabe der Frist hinweisen. Wird die