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ordentlichen, s. Landtag V, muß ein neuer A.
gewählt werden, wobei die vorigen Mitgl.
wieder wählbar sind; zu dieser Wahl wird den
Ständen jedesmal, auch bei einer Auflösung der
Versammlung, die erforderliche Sitzung noch ge-
stattet. VU. § 192 Abs. 2. Mit der Eröffnung
eines neuen Landtags hören die Verrichtungen
des A. auf, nicht dagegen bei einer bloßen Ver-
tagung oder beim Schluß eines außerordentlichen
Landtags, s. Landtag V, vgl. Vu. § 192. In
letzteren Fällen findet keine Neuwahl statt, viel-
mehr tritt bis zur Wiedereröffnung der Sitzungen
der frühere A. wieder ein, jedoch mit einer Aus-
nahme, wenn nämlich die nach vorangegangenen
Neuwahlen eröffnete Ständeversammlung erstmals
vertagt wird; in diesem Fall wird nämlich nach
feststehender Uebung entgegen dem Wortlaut des
192 Vl. ein neuer A. gewählt. Ueber seine
Verhandlungen hat der A. nach § 191 Vl. in
einem Zusammentritt beider Kammern Rechen-
schaft abzulegen; von diesem Zusammentritt wird
aber seit Jahren abgesehen. Vielmehr wird der
Bericht des A. gedruckt, und soweit er sich nicht
zur Veröffentlichung eignet, schriftlich den beiden
Kammern mitgeteilt und von diesen nach beider-
seitigem Einverständnis als verlesen angenommen;
ierauf wird er von jeder Kammer einzeln be-
raten; über das Ergebnis wird, soweit erforderlich,
zwischen den Kammern verhandelt. — III. Die
Aufgaben des Ständischen A. Allg. Aufgabe
s. 1. Im einzelnen Vl. 8 188: 1. Er hat bei Ver-
fassungsverletzungen die ihm zustehenden Mittel
anzuwenden, nämlich a) in wichtigen Fällen die
im Königreich wohnenden Mitgl. zu benach-
richtigen; an andere Kreise darf er sich nicht wen-
den, s. Landtag l.; b) Vorstellungen, Verwah-
rungen und Beschwerden beim Staatsministerium
einzureichen; c) nach Erfordernis der Umstände,
bes. wenn es sich um eine Anklage der Minister
vor dem Staatsgerichtshof handelt, um Einberuf-
ung einer außerordentlichen Ständeversammlung
zu bitten, die in diesem Falle nie verweigert wer-
den wird, sofern Grund und Dringlichkeit der An-
klage gehörig nachgewiesen sind. — 2. Der A. prüft
in Konsequenz seiner Aufgabe 3Z. 1 die von der Re-
Hierung (dem König und den Ministern) erlassenen
er O. und Verf. auf ihre Ges.= und Verf Mäßig-
keit. — 3. Er übt eine Aufsicht über die
Finanzverwaltung aus, insofern er:
a) am Ende jedes Etatsjahres durch Prüfung
der ihm zu übergebenden Staatsrechnungen
feststellt, ob die Staatseinnahmen richtig ver-
wendet worden sind, VU. § 188 Abs. 2, § 110.
In Wahrheit nehmen diese Prüfungen seit dem
Etatsjahr 1874/75 die Finanzkommissionen beider
Kammern nach vorheriger Prüf. durch die Ober-
rechnungskammer vor. Dagegen wird über die
Veränderungen, welche die Regierung mit dem
Kammergut vorgenommen hat, dem Ständ. A.
Rechnung abgelegt, wenn die Stände nicht ver-
sammelt sind; 5 Außer Uebung gekommen ist
auch die Beratung des von den Ständen bereits
verabschiedeten Etats (bei mehrjährigen Finanz-
pberioden) des künftigen Finanzjahrs, Vl. § 188
lbs. 2. — 4. Der A. hat die Leitung der
Staatschuldenkasse, Vl. § 188 Abfs. 2,
Ständische Sustentationskasse — Standesherrn.
die Regierung nur die Kontrolle. Uebungsgemäß
besorgt der A. auch die Aufnahme verabschiedeter
Staatsanleihen im Benehmen mit dem Finanz-
min., s. Staatschuldenverwaltung. — 5. Die dem
A. nach § 188 Abs. 3 obliegende Aufgabe, „die
für eine Ständeversammlung sich eignenden Ge-
schäftsgegenstände, namentlich die Erörterungen
vorgelegter Gesetzentwürfe zur künftigen Be-
ratung vorzubereiten“ wird jetzt von den Kommis-
sionen der Kammer besorgt. — 6. Die weitere in
Vl. 8§ 188 Abs. 3 genannte Aufgabe der Voll-
ziehung der landständischen Beschlüsse ist dagegen
dem A. verblieben. — 7. Bei nicht versammeltem
Landtag steht das gesamte Ständ. Amtspersonal
unter der Aufsicht und den Befehlen des A.,
welcher auch die erforderlich werdenden Amtsver-
weser zu bestellen hat, VU. § 193 Abs. 5. — 8. End-
lich liegt dem A. die vorläufige Prüfung der Legi-
timation der Landtagsmitglieder ob, s. Land-
tag VI, 2. Bazille.
Ständische Sustentationskasse. Zur Bestreitung
des ständ. Aufwandes haben die Stände eine
eigene Kasse, die sogen. ständ. SK., welche die
für sie zugleich mit dem Finanzetat zu verab-
schiedende Summe aus der Eichrtekaffe in be-
stimmten Raten erhält, VU. § 194. Die SK. be-
streitet hauptsächlich die Entschädigungen, Tag-
gelder und Reisekosten der Mitglieder der Stände-
versammlung, die Besoldungen der Beamten und
die Belohnungen derjenigen, die durch besondere
Aufträge der Stände oder des Ständ. A. bemüht
ewesen sind, die Unterhaltung einer angemessenen
Büchersammkung, die Kanzleikosten überhaupt und
andere mit der Geschäftsführung verbundenen
Ausgaben. Bazille.
Stärkefabriken sind Anstalten, in welchen
Stärke aus Kartoffeln, wie auch aus Getreide-
arten und Reis hergestellt wird, preuß. techn.
Anleitung II 13, icker, GewO. 1285. Nur
die Anstalten, in denen Getreide oder Reis ver-
arbeitet wird, sind nach § 16 GewO. genehmi-
ungspflichtig. Die Genehmigung erteilt das
Or- bew. der Bezirksrat, § 64 VV. BeczO.
Ueber das Verfahren s. Verfahren in Gewerbe-
sachen. Strafbest. § 147 Abs. 1 Z. 2 GewO.
Brenner.
Stärkefyrupfabriken. Bei der Bercitung des
Stärkesyrups wird die in Wasser zerteilte Stärke
mit Säure gekocht; preuß. techn. Anl. II Schicker
GewO. 1286. St. sind nach § 16 GewO. genehmi-
gungspflichtig; s. im übr. Stärkefabriken.
Brenner.
Stammgestüt s. Gestütswesen III.
Stammrollen s. Ersatzwesen V.
Standesbeamter s. Personenstandswesen.
Standeserhöhungen s. Adel u. König III.
Standesherrn. Nach Art. 14 Bdsakte 8. 6. 15
sind standesherrliche Familien diejenigen Fam.,
deren Häupter bis 1806 im Besitz der Landeshoheit
und eines mit Sitz und Stimme auf dem Reichs-
tag verbundenen Landes waren, ihre Landeshoheit
aber seit 1806 verloren haben. Diese Fam. ge-
hören dem hohen Adel an, haben also folgende
Rechte: 1. Das Recht der Ebenbürtigkeit siehe
König IV.; 2. Anspruch auf einen bes. Ehrentitel;
die Häupter der fürstl. Fam. werden in amtl.