Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Wasser. 
dem vorhandenen WDampf gerade gesättigt ist. 
Das Verhältnis der in der Luft wirklich vor- 
handenen WMenge zu derj., die bei gleicher Wärme 
ihrem Sättigungspunkt entspricht, wird in Pro- 
zenten ausgedrückt und relative Feuchtigkeit ge- 
nannt. Bei einer relativen Feuchtigkeit = 80 und 
bei 20% C. beispielsweise ist in 1 chm Luft 13.748 
W. enthalten. Wird diese Luft um 4° C. abgekühlt, 
6. sinkt ihre Aufnahmefähigkeit auf 18,55 g, und 
ie wird daher nicht bloß die relative Feuchtigkeit 
— 100, d. h. den Sättigungspunkt erlangen, 
sondern noch den Ueberschuß von 13,74 — 13,55 = 
0,199 g als Regen ausscheiden. Man hat früher 
angenommen, daß die Niederschläge vorzugsweise 
durch die Vermischung eines warmen und eines 
kalten Luftstroms entständen. Nach den neueren 
Untersuchungen trifft dies aber nur teilweise zu, 
denn es ist die Bildung der Wolken und der 
Niederschläge in den tropischen Zonen fast stets und 
in den gemäßigten häufig die Folge einer durch 
einen aufsteig. Luftstrom erzeugten Abkühlung der 
Luft. Bei jedem Aufsteigen muß die Luft sich 
ausdehnen, weil ihr Druck geringer wird, und da 
sie nach den Grundsätzen der mechanischen Wärme- 
theoric bei der Ausdehnung Arbeit verrichtet und 
dazu Wärme verbraucht, so muß sie sich abkühlen. 
Absteigende Luftströme können dagegen niemals 
Regen bringen, sondern werden wärmer und da- 
mit zugleich trockener. Auf der Verteilung von 
Luftdruc, Temperatur und relativer Feuchtigkeit 
und der zu erwartenden Aenderungen beruhen die 
Wetterprognosen. Die Menge des Nieder- 
schlags, deren Kenntnis für den Wasserbauer von 
bes. Wichtigkeit ist, ist sehr verschieden; ihre 
Messung gehört 4 den Aufgaben der Meteoro- 
logie. — b) Der gesamte Jahresnieder- 
schlag nimmt mit steigender Meereshöhe des Be- 
obachtungsorts rasch zu. Die mittlere Nieder- 
schlagshöhe beträgt in Württ. in 20jähr. Durch- 
scmt etwa 850 mm. Die Niederschlagsverteilun 
at sich in diesem Zeitraum derart gestaltet, 
im westlichen Teil des Landes, auf der Hornis- 
grinde und dem Ruhestein, der Höchstwert der Jah- 
resniederschläge mit 2200—2500 mm eintritt. Ein 
zweiter, schwächerer Höchstwert von etwa 1500 mm 
wird im Südosten des Landes am Schwarzen 
Grat bei Isny beobachtet. Teilmaxima von 1000 
bis 1100 mm treten auf den höheren Punkten am 
Nordrand der Schwäbischen Alb, des Aalbuchs und 
des Mainhardter Walds auf, während sich die 
Minima der Niederschläge in ungefährer Jahres- 
höhe von 500—600 mm neckar= und donauaufwärts 
weit ins Land hinein erstrecken. Ungleich wichtiger 
als die Jahresniederschläge sind für die Praxis die 
Tagesniederschläge und die in kürzerer Zeit nieder- 
gedenden größeren WMengen. Schon bei allg. 
andregen von 40—50 mm Gesamthöhe des täg- 
lichen Regenfalls pflegen Ueberschwemmungen ein- 
zutreten. Die folgenschwere Hochwasserkatastrophe 
von Balingen im Juni 1895 wurde dadurch ver- 
ursacht, daß nachdem am 4. und 5. Juni je etwa 
40—50 mm Regen gefallen und der Boden voll- 
ändig gesättigt war, am 6. Juni gar 80 mm 
egen niederging. In Württ. muß für mittelgroße 
Niederschlagsgebiete, vorzugsweise im Sommer, 
mit einer taglichen Niederschlagshöhe von 100 mm, 
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für kleinere Gebiete bei örtlichen Sturzregen mit 
ciner solchen von 120 mm und mehr gerechnet 
werden. Die Niederschlagsmengen sind sowohl in 
den einzelnen Jahren als in den einz. Monaten 
verschieden. Im Kochergebiet z. B. fielen in dem 
durch seine Trockenheit ausgezeichneten Jahr 1893 
etwa 30 v. H. weniger Regen als im Jahr 1897. 
In diesem Gebiet wurde im Durchschnitt des 
11jähr. Zeitabschnitts 1888—98 im Monat Januar 
der kleinste Monatsniederschlag mit 47 mm, im 
Juni der größte mit 105 mm bei einem mittleren 
Jahresniederschlag von 833 mm, also Sommer- 
magimum und Wintermaximum beobachtet. Die 
Ba#t- der Tage mit Niederschlag von 0,1 mm und 
mehr betrug durchschnittlich 158 jährlich; sie ist 
ebenfalls im Sommer größer als im Winter und 
steigt außerdem mit der Höhenlage des Beob- 
achtungsorts und wechselte zwischen 180 und 145. 
Ebenso verhält es sich mit den Tagen mit er- 
giebigeren Niederschlägen von 10 mmz; solche traten 
ein im Jahresdurchschnitt 22mal, hievon winters 
8½-, sommers 13½ mal, und an der Wasserscheide 
Zmal, an der Mündung 16mal. Will man sich 
cin anschauliches Bild über die Niederschlags- 
verhältnisse eines Gebiets verschaffen, so erweist 
sich die bildliche Darstellung als der beste Behelf. 
Man trägt in einer Landkarte die für einen ge- 
wissen Zeitraum ermittelten Regenhöhen bei den 
Beobachtungstellen ein und konstruiert nach Art der 
Höhenschichtenlinien die Linien gleicher Regenhöhe 
(Isohyeten) od. gleicher Schneestärke (Isochyonen). 
Diese Linien gleicher Regenhöhen sind meist für 
runde Zahlen gezogen und die Zwischenflächen 
durch Farbabtönungen unterschieden, 9 daß das 
nasseste Gebiet (Bergland) am dunkelsten, das 
trockenste (Flachland) am lichtesten in der Regen- 
karte erscheint. Werden nun in diese Regenkarte 
noch die Umgrenzungslinien der Fläche des Ge- 
biets, auf das der Regen niedergegangen ist, ein- 
gezeichnet und die Fläche des Niederschlags (Ein- 
zugs-- oder Fluß-)gebiets bestimmt, so ergibt sich 
die Niederschlagsmenge als Produkt aus Nieder- 
schlagshöhe und Niederschlagsgebiet. Auf diese 
Weise kann die mittlere Niederschlagshöhe für 
irgendein Flußgebiet bis zu einer gewissen Stelle 
und innerhalb eines bestimmten Zeitraums be- 
rechnet werden. Von der niedergegangenen Regen- 
menge soll nun nach einer ebenso alten als falschen 
Regel ½ durch Verdunstung in die Atmosphäre 
zurückgehen, ½ in den Boden einsinken, als 
Grundwasser zirkulieren oder als Quellwasser 
wieder zutage treten und das letzte Drittel in 
Bächen und Flüssen zum sofortigen oberirdischen 
Abfluß gelangen. — c) Die Messung der Ver- 
dunstung und Versickerung ist sehr 
schwierig und unsicher; Beobachtungen darüber 
werden in Württ. nicht gemacht. Die verdunstete 
und versickerte W Menge wird, wie die Regenmenge, 
in mm Wasserhöhe ausgedrückt, sie ist abhängig 
von der Oberflächengestalt, von der Boden- 
beschaffenheit und -bearbeitung, von den An- 
pflanzungsverhältnissen, den Vegetationszeiten, 
von der Wärme und den Frostperioden, von der 
Windstärke, von dem Sättigungsgrad der Luft und 
des Bodens mit Feuchtigkeit und von anderem 
mehr. — d) Der Abfluß des Wassers setzt sich
	        
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