Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

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Altersschwache, die durch ihren Zustand auf fremde 
Hilfe angewiesen sind, erhalten die sachgemäßeste 
Pflege in besonderen Anstalten. Geboten ist die 
geschlossene Pflege auch aus armenpolizeilichen 
und erziehlichen Rücksichten gegenüber arbeits- 
scheuen, liederlichen oder trunkfälligen Personen. 
In gewöhnlichen Krankheitsfällen kann die Hilfe- 
leistung sowohl in Anstalten als durch offene APfl., 
durch Hauspfl. des Kranken, sowie durch A.= 
Aerzte, MWGU WG. Art. 5 und Min . 30. 5. 73, 
Rabl. 207, und unentgeltliche Gewährung der er- 
forderlichen Heilmittel erfolgen. Bezüglich der 
Form der All. unterscheidet man weiter Geld- 
und Natural U. Die Geld U. trägt der wirt- 
chaftlichen Selbständigkeit und dem Ehrgefüyl des 
rmen am weitgehendsten Rechnung. Wegen Be- 
messung der Höhe der Geldl. besteht in größeren 
Städten vielfach ein fester Tarif, durch den für 
die Kosten des notdürftigen Lebensunterhalts ge- 
wisse Höchstsätze aufgestellt sind. Die Naturall., 
zu der im weiteren Sinn auch die Anstaltspflege 
gerechnet wird, besteht hauptsächlich in der Ge- 
währung von Obdach, Nahrung, Kleidung, Pflege 
in Krankheitsfällen. Sie empfiehlt sich besonders 
bei Besorgnis, daß Geldunterstützung mißbräuch- 
lich verwendet werde. Sie hat aber den Nachteil, 
daß sie den Unterst. eigener Wirtschaftsführung 
entwöhnt und ihm die Rückkehr zur wirtschaftlichen 
Selbständigkeit erschwert. — Auch die Beerdi- 
Lgung mittelloser Personen gehört zu den Auf- 
gaben der öff. A. Nach Art. 1 Abs. 1 WIGu WG. 
ist jedem Hilfsbed. D. im Fall seines Ablebens 
ein angemessenes Begräbnis zu gewähren; nach 
MV. 4. 6. 62 sind aber die Leichname aller derj. 
eines natürlichen Todes verstorbenen Pers., bei 
denen die Begräbniskosten einer Gde.= oder Stif- 
tungskasse, einer öff. Armen= oder Strafanstalt zur 
Last fallen würden, an die Anatomie der Universi- 
tät Tübingen abzuliefern, s. Wün V. 6 270 und 
Leichenpässe, LTransport. Bei Kindern erstreckt 
ich nach § 1 der Instr. z. W. AGUBMWG. die 
Verpflichtung der Wbde auch auf die Für- 
sorge für deren Erziehung und für die Ge- 
währung des Volksschulunterrichts; ein Anspruch 
an die A#bde auf Bezahlung von Schulgeld ist 
jedoch nicht begründet, da arme K. von der Be- 
hahlung von Schulgeld freizulassen sind. Mit der 
tlassung aus der Schule hört die Verpflichtung 
hur Unterstützung von K. auf, wenn es diesen 
möglich ist, durch Eintritt in einen Dienst, eine 
Gewerbelehre oder ein sonstiges Arbeitsverhältnis 
sich ihren Unterhalt selbst zu verschaffen; es bildet 
jedoch eine besondere Obliegenheit der ABehörde, 
derartige Unterkommen zu vermitteln. Die Kinder- 
pflege, welche in größeren Gemeinden besondere 
Einrichtungen erfordert, hat sich in Großstädten 
vielfach unter Loslösung von der öff. A. zu einem 
eigenen Zweig der öff. Fürsorge unter dem Namen 
„Waisenpflege“ entwickelt. Die Frage, ob für K. 
die Unterbringung in Anstalten oder in Familien 
vorzuziehen sei, ist im allg. zugunsten der Fami- 
lien zu entscheiden. Doch ist auch hier stets auf 
die persönliche Eigenart des einzelnen K. einzu- 
gehen. Je nachdem die Fürsorge den vollständigen 
  
  
Armenwesen. 
Unterhalt des K. oder nur einzelne Hilfeleistungen 
umfaßt, unterscheidet man vollständige oder 
ergänzende Fürsorge. Hervorzuheben find 
hier insbesondere Krippen, Kinderbewahranstalten, 
Heilstätten, Ferienkolonien, Schulspeisung, Schul- 
bekleidung, Fürsorge f. d. schulentlassene Jugend. 
Ueber die Unterbringung verwahrloster Kinder s. 
Fürsorgeerziehung. Die den Owbden und 
LA#bden durch die Fürsorgeerziehung 
Minderjähriger entstehenden Kosten sind keine A.= 
Unterstützung, Art. 19 FEG. 1 IV. Armenpoli= 
zei. x Aufgabe der Polizei ist es, Störungen der 
öff. Ordnung und Sicherheit im Nutzen der All- 
gemeinheit und zwar nötigenfalls unter Be- 
schränkung der persönlichen Freiheit abzuwenden. 
Für das Gebiet des AWesens ergibt sich daraus 
das Recht und die Pflicht der Staatsgewalt, der 
Verarmung tunlichst vorzubeugen und da, wo sie 
schon eingetreten ist, sie nebst ihren die öff. Ord- 
nung und Sicherheit gefährdenden Begleiterschei- 
nungen wieder zu beseitigen und auf Wieder- 
herstellung geordneter Zustände hinzuwirken. Da- 
bei bildet der unter Umständen gebotene polizei- 
liche Zwang den notwendigen Gegensatz der staat- 
lichen UPflicht gegenüber allen Hilfsbed. Nach 
RV. Art. 3 und 4 unterliegt das AWesen nur 
teilweise (Indigenat, Freizügigkeit, UW.), die A.= 
Polizei an sich überhaupt nicht der Gesetzgebung 
und Beaufsichtigung des Reiches. Wenn trotzdem 
in § 361 Z. 3—5, 7, 8 und 10 und § 362 StG. 
armenpol. Bestimmungen getroffen worden sind, 
so wollte damit das Gebiet der APolizei keines- 
wegs erschöpft werden. Die Vorschriften der Lan- 
desgesetzgebung, soweit sie mit ersteren nicht in 
Widerspruch stehen, behalten daher unverändert 
Geltung, auch ist die Landesgesetzgebung nicht ge- 
hindert, unter derselben Voraussetzung neue a. 
Bestimmungen zu treffen. Ergänzend greifen so- 
dann vielfach auch Vorschriften ortspolizeilichen 
Charakters ein. Die der Verwaltung des AWesens 
zugehörigen Maßnahmen find im einzelnen 
hauptsächlich folgende: a) Abweisungs- und 
Ausweisungsrecht (Niederlassungs- 
beschränkungen). Bei Inanspruchnahme öff. 
All. ist nach § 4 FWG. jede Gemeinde zur Abweisung 
eines neu Anziehenden dann befugt, wenn sie 
nachweisen kann, daß derselbe nicht hinreichende 
Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeits- 
fähigen Angehörigen den notdürftigen Lebens- 
unterhalt zu gewähren. Die Besorgnis vor künf- 
tiger Verarmung berechtigt die Gemeinde dagegen 
nicht zur Zurückweisung. Ferner darf die Ge- 
meinde nach § 5 FG. einem neu Zugezogenen, 
bevor er einen UW. erworben hat, die Fortsetzung 
des Aufenthalts versagen, falls die Notwendigkeit 
einer öff. U. hervortritt und diese nicht in einem 
bloß vorübergehenden Notstande ihren Grund hat. 
b) Verschaffung von Arbeit und Ver- 
pflichtung zu solcher. Zur Verhütung un- 
nötiger Inanspruchnahme öff. U. sind die ABeh. 
gesetzlich befugt, dem Hilfsbed. die für sich oder 
eine nicht arbeitsfähigen Angehör. beanspruchte 
mittels Unterbringung in einem Armen= oder 
Krankenhause, geeignetenfalls mittels Anweisung
	        
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