Full text: Handwörterbuch der Württembergischen Verwaltung.

Armenwesen. 
der seinen Kräften entsprechenden Arbeiten außer- 
halb oder innerhalb eines solchen Hauses zu ge- 
wãähren, AGUWG. Art. 1 Abs. 2. Zur Sicherstel- 
lung des Rechts auf Arbeitsleistung bedroht § 361 
Z. 7 St G. mit Haft, neben der auf Ueberweisung 
an die Landespolizeibehörde erkannt werden kann, 
denjenigen, welcher, wenn er aus öff. Mitteln 
eine U. empfängt, sich aus Arbeitscheu weigert, 
die ihm von der Behörde angewiesene, seinen 
Kräften angemessene Arbeit zu verrichten. Die 
Wirksamkeit dieser Bestimmungen ist leider eine 
zweifelhafte, insofern der Nachweis, daß die Ar- 
beitsweigerung aus Arbeitscheu erfolgt sei, sehr 
schwer zu liefern ist, sodann kann deren Anwen- 
dung von dem Unterstützten, wenn er sich der Ar- 
beitsleistung entziehen will, durch Verzicht auf U. 
leicht vereitelt werden. ch Maßnahmengegen 
Bettler und Landstreicher s. Arbeitshaus, 
Arbeitscheu, Bettel, Landstreicherei. Zu den dort 
angef. Maßnahmen kommen hinzu alle Bestrebun- 
en, die auf Ausdehnung der Reichsversicherung, 
usgestaltung des Arbeitsnachweises und Förde- 
rung aller sonstigen, der Verbesserung der Lage 
der untersten Volksschichten dienenden Einrich- 
tungen abzielen, insbes. Arbeiterkolonien, 
s. Stromertum, und Wanderarbeitstätten, 
s. d. Daneben sollen diejenigen arbeits- und mittel- 
losen, aber arbeitsfähigen und zu einem strafrecht- 
lichen Einschreiten keinen Anlaß gebenden Wande- 
rer, welche den Anforderungen der bei den Wan- 
derarbeitstätten eingeführten strengen Wander- 
ordnung nicht genügen und aus diesem Grund in 
solchen zunächst keine Aufnahme finden können, 
also obdachlos sind, am Sitze der W. zu einer ein- 
tägigen Arbeitsleistung herangezogen werden; die 
Einrichtung dieser Beschäftigung soll von der Ge- 
meinde bzw. dem zur vorl. U. verpflichteten OAVbd 
des Sitzes der W. (§ 28 UWG.) gegen Ersatz der 
Verpflegungskosten durch den L#bd in die Hand 
genommen werden. All diese Maßnahmen werden 
indes auf die Dauer nicht ausreichen, B. und L. 
erfolgreich zu bekämpfen; weitergehende mit 
Zwang verbundene Maßnahmen sind nicht zu ent- 
behren, bes. gegenüber den unverbesser- 
lichen Stromern und Bettlern, welche ungeachtet 
ihrer Arbeitsfähigkeit nicht arbeiten wollen und 
zugleich die jüngeren Wanderer unheilvoll be- 
einflussen, sodann gegenüber solchen Wanderern, 
welche wegen körperlicher oder geistiger Mängel 
und Gebrechen nicht mehr arbeiten können, 
bessenungeachtet aber eine geregelte Fürsorge ab- 
lehnen, Württ Z. 1909 79 s Daneben wird für 
solche in nicht geringer Zahl vorhandene Wande- 
rer, welche, zumal im Winter, nach der jeweiligen 
Lage des Arbeitsmarktes Hne eigenes Verschulden 
längere Zeit hindurch arbeitslos find 
(z. B. Saisonarbeiter, Gelegenheitsarbeiter), an- 
statt sie auf die Landstraße zu weisen, geeignete 
Fürsorge zu treffen sein, etwa durch Zuführung 
an die zu diesem Behuf entsprechend auszubauen- 
den Arbeiterkolonien. Neben den Strafbest. gegen 
den Bettel finden sich mehrfach auch Best., durch 
welche das Gabensammeln für andere ohne obrig- 
keitliche Erlaubnis unter Strafe gestellt ist, fs. 
67 
Kollekten. 04) Maßnahmen egen die 
Trunksucht. Eine der häufigsten Verarmungs- 
ursachen bildet die Trunksucht, mind. 50 % aller 
Unterstützungsfälle werden auf sie zurückgeführt. 
Nicht so zahlreich find im allg. die gegen sie 
zu Gebot stehenden armenpoliz. Machtmittel. 
ach § 361 Z. 5 StGB. (s. auch Asotie) wird 
mit Haft bestraft: wer sich dem Spiel, Trunk 
oder Müßiggang dergestalt hingibt, daß er in einen 
Zustand gerät, in welchem zu seinem Unterhalt 
oder zum Unterhalt derjenigen, zu deren Er- 
nährung er verpflichtet ist, durch Vermittlung der 
Behörden fremde Hilfe in Anspruch genommen 
werden muß. Daneben kann gemäß § 362 StG#B. 
auf Ueberweisung an die Landespolizeibeh. erkannt 
werden. Erfahrungsgemäß erfüllt diese Best., zu- 
mal bei der ihr gegebenen, einen Zustand 
völliger sittlicher oder körperlicher Versunkenheit 
oder wirtschaftlicher Zerrüttung erfordernden Aus- 
legung, ihren Zweck höchst unvollkommen. Weiter 
kommen in Betracht die Best. im StG. § 361 
Z. 7, s. o. b, und 3. 10, wonach der Trinker be- 
traft werden kann, wenn er, obschon er dazu in 
er Lage ist, sich der Unterhaltspflicht gegenüber 
seinen Angehörigen trotz der Aufforderung der 
zuständigen Behörde derart entzieht, daß durch 
Vermittlung der Behörde fremde Hilfe in An- 
spruch genommen werden muß. Durch § 6 Z. 8 
BE#B. ist sodann den Armenbeh. die Möglichkeit 
gegeben, die Entmündigung trunksüchtiger Perso- 
nen und anschließend hieran deren Unterbringung 
in geeigneten Anstalten herbeizuführen. Mehr Er- 
folg als die hievor aufgeführten Mittel verspricht 
die durch landesrechtl. Vorschr. in versch. 
Bundesstaaten (Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, 
Sachsen, Württemberg, Hamburg, Anhalt, 
Elsaß-Lothr., Bremen, Lübeck, Preußen) den Aeh. 
eingeräumte Tefugnis, Pers., die durch Trunksucht 
oder Müßiggang der öff. Fürsorge zur Last ge- 
fallen sind, oder die sich der Unterhaltspflicht für 
ihre Familienangehörigen dergestalt entziehen, daß 
für diese die öff. Armenpflege einzutreten hat, 
zwangsweise in einer rmenarbeits-. 
an stalt unterzubringen, für W. Art. 14 Ges. 
2. 7. 89 und hienach zu lit, e, e) Maßnahmen 
egen säumige Nährpflichtige. Daß 
Sashiliensäter der Verpflichtung zum Unterhalt 
ihrer nächsten Angehörigen in leichtfertiger 
Weise sich entziehen und die Fürsorge für diese 
der A. überlassen, während fie seipst ihren 
  
Verdienst vergeuden, ist häufig zu beobachten. Es 
können daher Zuchtmittel nicht entbehrt werden, 
um solchen gewissenlosen Familienhäuptern ihre 
Ernähererpflichten z. Bewußtsein zu bringen. In 
den meisten deutschen Staaten sind die A#eh. 
dieser mißbräuchlichen Ausnützung der Allnterst. 
gegenüber bis jetzt im wesentlichen auf die 
repressiven Mittel der Strafgesetzgebung an- 
ewiesen, § 861 Z. 5, 7, 10 StG.. Diese 
trafbestimmungen haben sich jedoch, zumal bei 
der üblichen gerichtlichen Auslegung, überall als 
ungenügend erwiesen. In einzelnen Staaten, so 
insbesondere auch in W., wurde darum der A.= 
Behörde die Möglichkeit eingeräumt, im Verwal-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.