lich verdächtigt worden, gegen die nächste Umgebung des Kaisers
zu wühlen und hohe Staatsbeamte untereinander zu verhetzen. In
solchen Verdächtigungen hatte sich namentlich die antisemitische
Staatsbürgerzeitung hervorgetan. Auch nach dem Erscheinen der
Artikel in der Welt am Montag über die Fälschung des garen-
toastes machte sie sich die Leckertsche Behauptung, daß seine Quelle
im Auswärtigen Amt sei, zu eigen und wiederholte ihre Klagen
über offiziöse Preßmißwirtschaft.
Während der Untersuchung gegen Leckert-Lützow fiel mir eine
Verhetzungsgeschichte ein, die sich im November 1895 zugetragen
und ebenfalls der Staatsbürgerzeitung dazu gedient hatte, den
„Reichsoffiziösen“ heimliche Umtriebe gegen preußische Würden-
träger unterzuschieben. Damals handelte es sich um die Absicht
des Kanzlers Fürsten Hohenlohe, dem Reichstag eine Vorlage wegen
Einführung des öffentlichen Verfahrens im Militärstrafprozeß zu
machen. Dabei waren starke Widerstände zu überwinden. Der Chef
des Militärkabinetts o. Hahnke war Gegner der Reform in dem
vom Kriegsminister geplanten Umfang. In einer Sitzung des
preußischen Staatsministeriums war gegen gewisse Bedenken, die
namentlich von dem Minister des Innern v. Köller vertreten wur-
den, eine Einigung zustande gekommen. Die Entscheidung des
Kaisers stand noch aus. Gleich danach erschien in den Münchener
Neuesten Nachrichten ein aus Berlin datiertes Telegramm, das
die streng geheimgehaltene Beratung des Staatsministeriums ziem-
lich richtig wiedergab und dazu bemerkte, von der kaiserlichen Ent-
scheidung werde das Bleiben oder Gehen des Kriegsministers ab-
hängen. Diese Veröffentlichung war dem Kriegsminister wegen ihrer
voraussichtlich ungünstigen Wirkung auf den Kaiser höchst unan-
genehm. Ein Dementi im Reichsanzeiger konnte das einmal ent-
standene Gerücht über Schwierigkeiten für den Reformplan nicht
zum Schweigen bringen. Zu einer Besprechung zwischen Herrn
v. Bronsart und Frhr. v. Marschall wurde ich zugezogen und vor
die Frage gestellt, ob die Berliner Depesche der Münchener Neuesten
Nachrichten nicht von einem Herrn des unter der Leitung des Mi-
nisters des Innern stehenden Kgl. Literarischen Bureaus herrühren
80