Full text: Um den Kaiser.

VI. Der Novembersturm. 
Vor dem Besuch des Kaiserpaares in London (November 1907) 
wurde eingehend hin und her überlegt, ob es rätlich wäre, daß 
der Kanzler den Londoner Gesprächen und Festlichkeiten beiwohnte. 
Bei der letzten Begegnung in Wilhelmshöhe hatte der König den 
Kaiser gebeten, bei seinem Besuch in London den Kriegsminister 
v. Einem mitzubringen, da dessen englischer Kollege Lord Haldane 
dies wünsche, um den bei seinem Berliner Aufenthalt in Berlin 
vom letzten September mit v. Einem gepflogenen Gedankenaus- 
tausch fortzusetzen. Zu Bülow hatte Sir Charles Hardinge, Unter- 
staatssekretär im foreign office und persona gralissima beim 
König, in Wilhelmshöhe gesagt, den König würde es sicher freuen, 
wenn der Kanzler mit nach England käme, was auch vom englischen 
Volke gut aufgenommen werden würde. Dagegen ließ sich sagen, 
daß seit einem Menschenalter kein englischer Premierminister oder 
Minister der Auswärtigen Angelegenheiten in Berlin gewesen war. 
Sollte der Kaiserbesuch in London den erwünschten guten Verlauf 
nehmen, mußte alles vermieden werden, was als Ubertreibung 
erschien oder Mißtrauen erwecken konnte, Mißtrauen auch in Frank- 
reich. Deshalb entschied sich der Kanzler, die Reise nicht mitzu- 
machen, wobei ihm als äußerer Grund diente, daß er wegen der 
bevorstehenden Wiedereröffnung des Reichstags in Berlin schwer 
abkömmlich wäre. Der Besuch an der Themse verlief ohne Miß- 
klang. In Windsor herzliche familiäre Trinksprüche, in der Lon- 
doner Guildhall warme Begrüßung des Lord Mayors, Erscheinen 
einer Abordnung der Universität Orford unter Führung Lord Curzons 
mit Überreichung des Diploms für den Ehrendoktor des Zidil= 
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