Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

214 IV. 4. Reichsbeamten G. 31. März 73. 
Der Disziplinarhof kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforder- 
lichen Verfügungen erlassen. Er bestimmt sodann eine Sitzung zur münd- 
lichen Verhandlung, zu welcher der Angeschuldigte vorzuladen und der Be- 
amte der Staatsanwaltschaft zuzuziehen ist. 
In der mündlichen Verhandlung giebt zunächst ein von dem Vor- 
sitzenden des Disziplinarhofs aus der Zahl seiner Mitglieder ernannter Be- 
richterstatter eine Darstellung der bis dahin stattgefundenen, auf die in der 
Anschuldigungsschrift enthaltenen Anschuldigungspunkte bezüglichen Ver- 
handlungen. 
Im Uebrigen wird nach Maßgabe der in den §. 101 Absatz 2, §. 102, 
§. 103, §. 104 Absatz 2 und 3, §. 105, §. 106, §. 107 Absatz 1, §. 108 und 
§. 109 enthaltenen Bestimmungen verfahren 115). 
§. 117. Ein anderes Rechtsmittel, als die Berufung, insbesondere 
auch das Rechtsmittel des Einspruchs (Opposition 120) oder Restitution 121)) 
findet im Disziplinarverfahren nicht statt. 
§. 118. Der Kaiser hat das Recht, die von den Disziplinarbehörden 
verhängten Strafen zu erlassen oder zu mildern. 
§. 119. Die Vorschriften der §§. 84 bis 118 gelten auch in An- 
sehung der einstweilig in den Ruhestand versetzten Beamten. 
Der letzte dienstliche Wohnsitz derselben ist für die Zuständigkeit im 
Disziplinarverfahren entscheidend. 
S. 120. 
der Militärverwaltung12).) 
[Besondere Bestimmungen in Betreff der Beamten 
Gegen Militärbeamte, welche ausschließ- 
lich unter Militärbefehlshabern stehen, verfügt der kommandirende General 
des Armeekorps, beziehungsweise der kommandirende Admirallis) die 
Einleitung der Untersuchung und ernennt den Voruntersuchungs-Beamten. 
8. 121. 
Militär-Disziplinarkommission. 
Die entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz ist die 
Für jedes Armeekorps tritt die Militär-Disziplinarkommission am 
Garnisonorte des General-Kommandos zusammen. Dieselbe wird aus einem 
119) Das. § 23. 
120) Opposition ist ein der St PO. 
unbekanntes, gegen Versäumnißurtheile 
gerichtetes Rechtsmittel des französischen 
Rechts. 
121) Die Wiedereinsetzung in den vo- 
rigen Stand ist nach StPpO. § 399 bis 
413 bei groben Rechtsverletzungen zu- 
gelassen. 
122) Die Militärbeamten (Anm. 5), 
die, soweit sie im Offizierrange stehen, 
höhere, sonst untere genannt werden, 
zerfallen weiter in drei Klassen, je nach- 
dem sie I. nur den Militärbefehlshabern, 
II. gleichzeitig diesen u. den ihnen vor- 
  
gesetzten höheren Behörden oder III. nur 
denletzteren untergeordnet sind V. 13. Aug. 
95 Anlage K. Für Kl. I sind, soweit 
die Entfernung aus dem Amte in Frage 
steht (§ 73), besondere Militär-Diszi- 
plinarkommissionen eingerichtet § 121, 
122, während das Ordnungsstrafrecht, 
je nachdem die militärischen oder die 
Verwaltungs-Vorgesetzten in Fragestehen, 
von diesen nach den militärischen Diszi- 
plinarordnungen oder nach dem RBeamt- 
G. ausgeübt werden. 
123) Entspricht der veränderten Ein- 
richtung der Marine.
	        
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