I. Reichsverfassung. 2. G. 16. April 71. 13
Zur Erklärung des Krieges im Namen des Reichs ist die Zustimmung
des Bundesrathes erforderlich, es sei denn, daß ein Angriff auf das Bundes-
gebiet oder dessen Küsten erfolgt.
Insoweit die Verträge mit fremden Staaten sich auf solche Gegen-
stände beziehen, welche nach Artikel 4. in den Bereich der Reichsgesetzgebung
gehören, ist zu ihrem Abschluß die Zustimmung des Bundesrathes und zu
ihrer Gültigkeit die Genehmigung des Reichstages erforderlich 43).
Art. 12. Dem Kaiser steht es zu, den Bundesrath und den Reichs-
tag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen “).
Art. 13. Die Berufung des Bundesrathes und des Reichstages
findet alljährlich statt und kann der Bundesrath zur Vorbereitung der Ar-
beiten ohne den Reichstag, letzterer aber nicht ohne den Bundesrath be-
rufen werden.
Art. 14. Die Berufung des Bundesrathes muß erfolgen, sobald sie
von einem Drittel der Stimmenzahl verlangt wird.
Art. 15. Der Vorsitz im Bundesrathe und die Leitung der Geschäfte
steht dem Reichskanzler zu, welcher vom Kaiser zu ernennen ist.
Der Reichskanzler kann sich durch jedes andere Mitglied des Bundes-
rathes vermöge schriftlicher Substitution vertreten lassen 66).
Art. 16. Die erforderlichen Vorlagen werden nach Maßgabe der
Beschlüsse des Bundesrathes im Namen des Kaisers an den Reichstag
gebracht, wo sie durch Mitglieder des Bundesrathes 7) oder durch besondere
von letzterem zu ernennende Kommissarien vertreten werden.
Art. 17. Dem Kaiser steht die Ausfertigung und Verkündigung der
Reichsgesetze #?) und die Ueberwachung der Ausführung derselben zuss). Die
Anordnungen und Verfügungen des Kaisers werden im Namen des Reichs
erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung des Reichs-
kanzlers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmté)).
Art. 1870). Der Kaiser ernennt die Reichsbeamten, läßt dieselben für
das Reich vereidigen und verfügt erforderlichen Falles deren Entlassung.
Den zu einem Reichsamte berufenen Beamten eines Bundesstaates
64) Der Abschluß hat nur völkerrecht-
liche, die Gültigkeit, die auch die Reichs-
angehörigen verpflichtet, zugleich staats-
rechtliche Bedeutung.
55) Vertagung des Reichstages Art.
26 nebst Anm. 80; Auflösung Art.
24, 25.
66) Im Falle der Verhinderung tritt
der bayerische Vertreter ein Schlußprot.
(Anm. 3) Nr. IX. — Vertretung des
Reichskanzlers in den sonstigen Ge-
schäften Nr. IV 2 d. W.
07) Art. 9.
658) Anm. 62; oll= u. Steuerverwaltung
Art. 36 Abf. 2.
69) Keiner Gegenzeichnung bedürfen
die Anordnungen, die der Kaiser als
Oberbefehlshaber des Heeres (Art. 63)
u. der Kriegsflotte (Art. 53 Abf. 1) er-
läßt AE. 18. Jan. 61 (MB. 73). —
Eine gesetzliche Regelung der Verant-
wortlichkeit ist nicht erfolgt.
70) RBeamt G. Nr. IV 4 d. W. Der
Kaiser bestimmt insbesondere über Titel,
Rang u. Uniform der Reichsbeamten
das. § 15 u. 17.