II. Reichsangehörigkeit. 3. Freizügigkeits G. Anl. A Vf. 28. Juli 74. 59
zur Ausführung derselben später getroffenen Vereinbarungen zur
Anwendung zu bringen?).
Bei den bezüglichen Berathungen ist diesseits an der Auffassung fest-
gehalten, daß auf Grund des §. 3 Absatz 2 der Aufenthalt in einem Bundes-
staate — die sonstigen Erfordernisse vorausgesetzt — nur solchen Reichsan-
gehörigen verweigert werden kann, welche in einem anderen Bundesstaate
entweder Aufenthaltsbeschränkungen unterliegen oder wegen wiederholten
Bettelns oder wiederholter Landstreicherei bestraft worden sind. In dieser
Beziehung ist eine Verständigung im Bundesrathe nicht zu Stande ge-
kommen, vielmehr eine Verschiedenheit der Auffassungen bestehen geblieben,
indem einige Bundesregierungen das Erforderniß der in einem anderen
als dem Aufenthalts-Staate verhängten Strafe oder Aufenthaltsbeschränkung
bestreiten und sich auch ohne diese Voraussetzung zur Ausweisung nach §. 3
Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes für befugt halten.
Nachdem die Verhandlungen im Bundesrath zu diesem Ergebniß ge-
führt haben, wird zwar grundsätzlich an der bisherigen diesseitigen Aus-
legung des Gesetzes festzuhalten, indessen den, durch die verschiedene Hand-
habung des Gesetzes in der erwähnten Richtung geschaffenen, thatsächlichen
Verhältnissen entsprechende Rechnung zu tragen sein, um die aus dieser Ver-
schiedenheit sich für uns ergebenden, offenbaren Nachtheile ferner zu ver-
meiden. Es ist deshalb der unserer Auslegung des Gesetzes widersprechen-
den Anwendung bis auf Weiteres nicht mehr entgegenzutreten, sondern den
betreffenden Bundesstaaten gegenüber in derselben Weise thatsächlich zu ver-
fahren, so daß also Angehörigen dieser Bundesstaaten bei dem Zutreffen der
übrigen Erfordernisse des §. 3 Absatz 2 der Aufenthalt in Preußen auch
dann zu versagen ist, wenn dieselben hier Aufenthaltsbeschränkungen unter-
worfen oder hier wegen wiederholten Bettelns oder wegen wiederholter Land-
streicherei bestraft worden sind.
Dieses Verfahren ist zunächst Bayern, Württemberg und Baden
gegenüber, auf welche nach den mir erstatteten Berichten die erwähnte Vor-
aussetzung zutrifft, in Anwendung zu bringen, während die bisherige Hand-
habung des Gesetzes den übrigen Bundesstaaten gegenüber so lange beizu-
behalten ist, als diese sich nicht der von den erstgenannten Bundesstaaten
dem Gesetz gegebenen Auslegung und Anwendung uns gegenüber anschließen.
Ehe indessen die bisherige Praxis einem anderen Bundesstaate, als den
drei erstgenannten, gegenüber verlassen werden darf, ist unter Darlegung des
hierzu Veranlassung gebenden Falles meine Entscheidung einzuholen ).
Im Uebrigen sind die oben unter 1 bis 4 mitgetheilten Grundsätze
2) Anl. B. Anwendung auf Hamburg Vf. 7. Feb.
3) Das gegenüber den süddeutschen u. Lübeck 2. Juni u. 25. Dez. 95 (MB.
Staaten beobachtete Verfahren findet 28, 166 u. 261).