Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

62 II. Reichsangehörigkeit. 3. Freizügigkeits G. Anl. B Gothaer Vtr. 15. Juli5l. 
Die Geburt (ec.) begründet eine Verpflichtung zur Uebernahme nur dann 
wenn keiner der beiden anderen Fälle (a. und b.) vorliegt. Treffen diese 
zusammen, so ist das neuere Verhältniß entscheidend. 
§. 3. Ehefrauen sind in den Fällen des §. 1. und 2., ihre Ueber- 
nahme möge gleichzeitig mit derjenigen ihres Ehegatten oder ohne diese in 
Frage kommen, von demjenigen Staate zu übernehmen, welchem der Ehe- 
mann nach §. 1. oder 2. zugehört. 
Bei Wittwen und geschiedenen Ehefrauen ist, jedoch nur bis zu einer 
in ihrer Person eintretenden, die Uebernahmeverbindlichkeit begründenden Ver- 
änderung, das Verhältniß des Ehemannes zur Zeit seines Todes und be- 
ziehungsweise der Ehescheidung maaßgebend. 
Die Frage, ob eine Ehe vorhanden sei, wird im Falle des §. 1. nach 
den Gesetzen desjenigen Staates beurtheilt, welchem der Ehemann angehört; 
im Falle des §. 2. aber nach den Gesetzen desjenigen Staates, wo die Ehe- 
schließung erfolgt ist. 
§. 4. Eheliche Kinder sind, wenn es sich um deren Uebernahme vor 
vollendetem 21 ten Lebensjahre handelt, in den Fällen des §. 1. und 2. 
nicht nach ihrem eigenen Verhältnisse, sondern nach dem des Vaters zu be- 
urtheilen. Kinder, welche durch nachfolgende Ehe der Eltern legitimirt sind, 
werden den ehelich geborenen gleich geachtet. 
§. 5. Uneheliche Kinder sind nach demjenigen Unterthansverhältnisse 
zu beurtheilen, in welchem zur Zeit der Geburt derselben deren Mutter stand, 
auch wenn sich später eine Veränderung in diesem Verhältnisse der Mutter 
zugetragen hat. 
Gehörte die Mutter zur Zeit der Geburt ihres unehelichen Kindes 
keinem der kontrahirenden Staaten als Unterthanin an, so entscheiden über 
die Verpflichtung zu seiner Uebernahme die Bestimmungen des §. 2. 
Auch auf uneheliche Kinder findet die Vorschrift des zweiten Absatzes 
des §. 6. Anwendung. 
8. 6. Ist keiner der im §. 2. gedachten Fälle vorhanden, so muß der 
Staat, in welchem der Heimathlose sich aufhält, denselben behalten. 
Doch sollen weder Ehefrauen noch Kinder unter 16 Jahren, falls sie 
einem anderen Staate nach §. 1. oder 2. zugewiesen werden könnten, von 
ihren Ehemännern und beziehungsweise Eltern getrennt werden. 
§. 7. Wenn diejenige Regierung, welche sich einer lästigen Person ent- 
ledigen will, die Uebernahme derselben von mehreren deutschen Bundesstaaten 
aus der gegenwärtigen oder einer andern Uebereinkunft zu fordern berechtigt 
ist, so hat sie denjenigen Staat zunächst in Anspruch zu nehmen, welcher in 
Beziehung auf den Verpflichtungsgrund oder die Zeitfolge näher ver- 
pflichtet ist. 
Hat dieser Staat, auch nach vorgängigem Schriftwechsel der obersten 
Landesbehörden, die Uebernahme verweigert, so kann die ausweisende Re-
	        
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