Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

66 II. Reichsangehörigkeit. 4. Auswanderungs G. 9. Juni 97. 
Gesetz über das Auswanderungswesen. 
Vom 9. Juni 1897. 
(RGB. 463)). 
I. Unternehmer?). 
8. 1. Wer die Beförderung von Auswanderern) nach außerdeutschen 
Ländern") betreiben 5) will (Unternehmer), bedarf hierzu der Erlaubnißs). 
§. 2. Zur Ertheilung oder Versagung der Erlaubniß ist der Reichs- 
kanzler unter Zustimmung des Bundesraths?) zuständig. 
§. 38). Die Erlaubniß ist in der Regel nur zu ertheilen: 
1) Zweck. Das G., das zur Aus- 
führung der RVerf. Art. 41 erging, will 
— unbeschadet der Auswanderungsfrei- 
heit (Nr. 2 § 15 u. 17 d. W.) — den 
Auswanderern den erforderlichen polizei- 
lichen Schutz bei der Auswanderung ge- 
währen und sie nach dieser möglichst 
dem Deutschthum erhalten (nationale 
Auswanderungspolitik). — Inhalt. Im 
Interesse des Schutzes regelt das G. 
den — von der GewO. nach deren § 6 
nicht berührten — Geschäftsbetrieb der 
die Auswanderung betreibenden Unter- 
nehmer u. der sie vermittelnden Agenten 
Nr. I—III, ordnet deren Verhältniß zu 
den Auswanderern im Allgemeinen Nr. IV. 
u. insbesondere für die überseeische Aus- 
wanderung nach außereuropäischen Län- 
dern Nr. V u. von außerdeutschen Häfen 
aus Nr. VII u. trifft Bestimmung über 
die Aufsicht der Behörden Nr. IV u. 
§ 49 u. die Strafen Nr. VIII. Die 
Auswanderungspolitik umfaßt die 
Auskunftsertheilung an Auswanderungs- 
lustige (Anm. 49) u. die Fürsorge der 
Konsuln für die Ausgewanderten (8 41 
Abs. 4). Erstrebt wird die Hinleitung 
der Auswanderer auf geeignete Ziele 
unter Förderung geschlossener Ansiede- 
lungen. Die Zulassung der Unternehmer 
erfolgt deshalb durch den Reichskanzler 
(62) nach freiem Ermessen (Anm. 8) u. 
für bestimmte Gebiete oder Orte (8 0); 
gleichem Zwecke dienen die Bestimmungen 
§ 7, 23e u. 45 Abs. 2. Die Zahl der 
deutschen Auswanderer diesich 1881 
auf 220902 u. 1891 auf 120089 belief, 
hat erheblich abgenommen und betrug 
1900 nur noch 22 309. — Quellen, 
Drucks. Nr. 706 (Begr.), 769 (KB.); 
  
St B. S. 5091, 5739 u. 5763, 5821.— 
Bearb. v. Goetsch (Berl. 98). 
2) Unternehmer bedürfen der Er- 
laubniß § 1; Zuständigkeit § 2, Voraus- 
setzungen § 3—7, Wirkungen § 8, 9, 
Beschränkung u. Widerruf § 10. 
3) Auswanderer ist, wer freiwillig 
das Reichsgebiet verläßt, um sich anders- 
wo niederzulassen. — Das G. ist auch 
auf Ausländer (Durchwanderer) anwend- 
bar Begr. (Anm. 1) S. 19. 
4) Die Schutzgebiete gehören nicht 
dazu KB. (Anm. 1) S. 3. 
5) Voraussetzung ist ein geschäfts-, 
nicht auch ein gewerbsmäßiger Betrieb, 
wie in § 11, dessen weitergehende Fassung 
die Freiheit gemeinnütziger Bestrebungen 
sichern soll KB. (Anm. 1) S. 12. 
6) Strafe § 45 Abs. 1.— Der Stempel 
beträgt in Preußen 100 M. G. 31. Juli 
95 (Gö. 413), Tarif Nr. 22 i u. k. — 
Zugelassene Unternehmer Bek. 9. April, 
Nachtr. I v. 26. Mai, II v. 22. Juni, 
III v. 13. Nov. 98 (CB. 221, 288, 
335, 495), IV v. 2. Feb., V v. 30. April, 
VI v. 4. Dez. 99 (das. 42, 128, 406). 
7) Die Zustimmung des Bundesraths 
ist vom Reichstage behufs gründlicherer 
u. unbefangenerer Prüfung zugefügt 
St B. (Anm. 1) S. 5750—54. — Vor 
Ertheilung der Erlaubniß an Siedelungs- 
gesellschaften (§7) ist auch der Beirath. 
(§ 38) zu hören § 39 Abf. 1. 
8) § 3 enthält die Regel, § 4 die Aus- 
nahme; beide geben eine Richtschnur für 
die Erlaubnißertheilung, die sonst im 
freien Ermessen der Behörde steht. Der 
Antragsteller hat weder ein Recht auf 
Ertheilung, noch zur Beschwerde Begr. 
(Anm. 1) S. 24.
	        
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