Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

II. Der Landtag. 6. Geschäfts-Ordnung für das Haus der Abgeordneten. 167 
§. 46. Die Redner sprechen von der Rednerbühne oder vom Platze. 
Den Mitgliedern des Hauses ist das Vorlesen schriftlich abgefaßter Reden 
nur dann gestattet, wenn sie der Deutschen Sprache nicht mächtig sind. 
§. 47. Die Anmeldung zum Worte erfolgt, nachdem die Berathung über 
den betreffenden Gegenstand eröffnet ist, schriftlich bei demjenigen Schriftführer, 
welcher die Rednerliste zu führen und die Reihenfolge zu überwachen hat, und 
als solcher durch den Präsidenten verkündigt ist. In der Anmeldung wird 
bemerkt, ob für oder gegen den Antrag gesprochen werden soll. Wenn mehrere 
Redner beim Beginne der Diskussion sich gleichzeitig zum Worte melden, so 
wird für sie die Reihenfolge durch das Loos bestimmt. 
So lange es möglich ist, wird mit den Rednern, welche für und wider 
sprechen wollen, gewechselt 20). 
§. 48. Der Präsident ist berechtigt, die Redner auf den Gegenstand 
der Verhandlung zurückweisen und zur Ordnung zu rufen (§. 64). Ist das 
eine oder das andere in der nämlichen Rede zweimal ohne Erfolg geschehen 
und fährt der Redner fort, sich vom Gegenstande oder von der Ordnung zu 
entfernen, so kann die Versammlung auf die Aufrage des Präsidenten ohne 
Debatte beschließen, daß ihm das Wort über den vorliegenden Gegenstand ge- 
nommen werden solle, wenn er zuvor auf diese Folge vom Präsidenten auf- 
merksam gemacht ist. 
§. 49. Nimmt ein Vertreter der Regierung, wenn auch nur zu einer 
persönlichen Bemerkung, nach dem Schlusse der Diskussion das Wort, so gilt 
diese aufs Neuc für eröffnet?1). 
Ein Antrag auf Schluß der Diskussion ist aber in diesem Falle zulässig, 
ohne daß ein Redner gehört werden muß. 
Antragsteller und Berichterstatter erhalten, wenn sie es verlangen, das 
Wort, sowohl am Beginn wie nach dem Schlusse der Diskussion. 
Der Antragsteller ist befugt, das Wort an einen derjenigen, welche den 
Antrag unterstützt haben, abzutreten. 
e) Abänderungsvorschläge und Anträge auf Tagesorduung. 
§. 50. Abänderungsvorschläge (Amendements) oder Anträge auf motivirte 
Tagesordnung können zu jeder Zeit vor dem Schlusse der Verhandlungen ge- 
stellt werden. Dieselben müssen mit der Hauptfrage in wesentlicher Verbindung 
stehen und werden dem Präsidenten schriftlich übergeben. 
20) Ein Mitglied, welches in der Be= der Redner mit zu berücksichtigen St B. 
rathung über seine Wahl nicht lediglich 73/74 II. S. 1218/19. 
zu dem Zwecke, um thatsächliche Auf- 21) Nach der persönlichen Bemerkung 
klärungen zu geben, sondern für oder eines Ministers in seiner Eigenschaft 
gegen einen vorliegenden Antrag das als Abgeordneter, ohne Entscheidung 
Wort erhalten hat, ist in der Reihenfolge der Frage, wird die geschlossene Dis-
	        
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