Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

240 III. 4. Anl. B. G., betr. Konflikte bei gerichtl. Verfolgungen. 13. Feb. 54. 
Anlage B (zu Anmerkung 1). 
Gesetz, betreffend die Konflikte bei gerichtlichen Verfolgungen wegen Amts- 
und Diensthandlungen. Vom 13. Febrnar 1854. (GS. 86.)) 
§. 1. Wenn gegen einen Civil= oder Militärbeamten?) wegen einer in 
Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes vorgenommenen 
Handlung oder wegen Unterlassung einer Amtshandlung3) eine gerichtliche 
Verfolgung im Wege des Civil= oder Strafprozesses eingeleitet worden ist“), 
so steht der vorgesetzten Provinzial- 
1) Das G. erging in Ausführung der 
Vn. Art. 97 u. soll gegen Uebergriffe der 
Beamten einen wirksamen Rechtsschutz ge- 
währen, ohne deren Thätigkeit u. Ansehen 
zu beeinträchtigen. Es gilt in den neuen 
Provinzen V. 16. Sept. 67 (GS. 1515) 
Art. IV u. in Helgoland V. 22. März 
91 (GS. 39) § 1/4, hat jedoch später er- 
hebliche Aenderungen erfahren: 
a) Zunächst bestimmte EG. zum GVG. 
27. Jan. 77 (GS. 77) § 11: 
Dielandesgesetzlichen Bestimmungen, 
durch welche die strafrechtliche oder 
civilrechtliche Verfolgung öffentlicher 
Beamten wegen der in Ausübung oder 
in Veranlassung der Ausübung ihres 
Amts vorgenommenen Handlungen an 
besondere Voraussetzungen gebunden 
ist, treten außer Kraft. 
Unberührt bleiben die landesgesetz- 
lichen Vorschriften, durch welche die 
Verfolgung der Beamten entweder im 
Falle des Verlangens einer vorgesetzten 
Behörde oder unbedingt an die Vor- 
entscheidung einer besonderen Behörde 
gebunden ist, mit der Maßgabe, 
1. daß die Vorentscheidung auf die 
Feststellung beschränkt ist, ob der 
Beamte sich einer Ueberschreitung 
seiner Amtsbefugnisse oder der 
Unterlassung einer ihm obliegen- 
den Amtshandlung schuldig ge- 
macht habe; 
2. daß in den Bundesstaaten, in 
welchen ein oberster Verwaltungs- 
  
oder Centralbehörde des Beamten), 
gerichtshof besteht, die Vorent- 
scheidung diesem, in den anderen 
Bundesstaaten dem Reichsgerichte 
zusteht. 
Die Entscheidung über die Zulässigkeit 
des Rechtswegs war damit auf die Fest- 
stellung, ob eine Amtspflichtverletzung 
vorliegt, eingeschränkt u. an Stelle des 
Kompetenzgerichtshofes das OVG. gesetzt; 
b) die Vorentscheidungen des O. er- 
folgen bei Entscheidung über die streitige 
Zuständigkeit nach LWVG. 8 113 Abs. 5, 
im Uebrigen unter entsprechender An- 
wendung der Vorschriften über das Ver- 
waltungsstreitverfahren das. 8 114. 
:) Das G. bezieht sich nur auf preußi- 
sche, unmittelbare u. mittelbare (8 5) 
Staats-, nicht auf Reichsbeamte UO. 
24. Jan. 85 (XI 403) u. nicht auf 
Geistliche 7. Dez. 89 (XIX 420), auch 
nicht auf Superintendenten 27. Feb. 90 
(XX 451), wohl aber auf Mitglieder der 
Konsistorien 25. Nov. 98 (XXXV 447). 
Die Klage muß gegen den Beamten per- 
sönlich, nicht als gesetzlichen Vertreter 
einer Korporation gerichtet sein 25. Nov. 
93 (XXV 425). 
*) Ob eine Amtshandlung vorliegt, 
hat der Richter unabhängig von der An- 
sicht des Klägers zu entscheiden UOV. 
3. Juni 85 (XII 415). 
4!) Die Einleitung ist im Civilprozeß 
mit der Zustellung, im Strafprozeß mit 
dem ersten, vom Gericht gegen den Be- 
schuldigten ergriffenen Schritte u. bei 
Privatklagen mit der Mittheilung der 
Klage an den Beklagten erfolgt UOV. 
28. März 88 (XVI 417). 
*) Im Verfahren gegen Gendarmen 
ist, obwohl sie militärisch eingerichtet u. 
Personen des Soldatenstandes (§ 6) sind, 
die Regierung zuständig UO V. 22. Dez.
	        
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