Object: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

999 Die Polizeigewalt. 
Ergebnis unzähliger, im Besonderen nicht verfolgbarer Zusammen- 
hänge mit dem Gesamtzustand; und umgekehrt: das Verhalten der 
Einzelnen hat über seine unmittelbare Wirkung hinaus, bald mehr 
bald weniger, zugleich einen Einfluß auf den Gesamtzustand; ihre 
Lebensäußerungen bekommen gesellschaftliche Bedeutung. 
Die Gesellschaft in diesem Sinne greift über die Landesgrenzen 
hinweg. Der Staat schneidet sich nach Maßgabe seines Gebietes 
und seines Volkes das Stück davon heraus, das ihn angeht. Die 
Kräfte und die Leistungsfähigkeiten dieses Stückes Gesellschaft 
stehen ihm zur Verfügung, sind die Grundlage seiner eigenen Kraft 
und Leistungsfähigkeit.. Darum waltet er darüber schützend, 
helfend fördernd.. Dieses abgegrenzte Stück Gesell- 
schaft als Gegenstand solcher zielbewußter Behandlung durch 
den Staat ist das Gemeinwesen, auf dessen gute Ordnung es hier 
ankommt. 
Bei der Polizeigewalt handelt es sich immer nur um eine 
schützende, abwehrende Tätigkeit des Staates, die zugunsten 
dieses Gemeinwesens geübt wird. Das Abzuwehrende sind Schädlich- 
keiten, die, von dem Einzeldasein ausgehend, die in ihm ent- 
haltenen Werte beeinträchtigen können, gesellschaftliche 
Schädlichkeiten. Die gute Ordnung des Gemeinwesens, 
die aufrechterhalten werden soll, ist nichts anderes als das ge- 
dachte Ziel dieser Tätigkeit: ein allgemeiner Zustand des Ge- 
meinwesens, bei welchem jene Werte durch gesellschaftliche Schäd- 
lichkeiten, die ihnen bereitet werden könnten und nicht bereitet 
werden sollen, möglichst wenig beeinträchtigt sind. Wo etwas auf- 
taucht, geeignet, eine solche Schädlichkeit mit sich zu führen, be- 
deutet das eine Störung dieser guten Ordnung und als solche 
eine Polizeiwidrigkeit. 
Der erstrebte Zustand läßt sich wieder zerlegen nach seinen 
einzelnen Seiten als öffentliche Sicherheit, Ruhe, Ge- 
sundheit, Sittlichkeit usw. Das gibt zugleich Namen für 
die einzelnen Richtungen der polizeilichen Tätigkeit. Gegen- 
stand des polizeilichen Schutzes aber sind nicht diese abstrakten 
Begriffe, sondern sind in Wahrheit nur die im Gemeinwesen 
enthaltenen Werte, die als solche zugleich Nützlichkeiten 
vorstellen für den Staat. Wir können sie nach dem Vorbilde des 
von der Zivilrechtswissenschaft gebildeten Begriffes der „Rechts- 
güter“ als Polizeigüter bezeichnen? Sie sind teils äußer- 
8 Ich glaube, den Ausdruck „Polizeigut* wagen zu dürfen. Schilling, 
in Verw.Arch. II S. 513, 514, nennt als Gegenstände des Schutzes der Polizei 
 
	        
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