Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

2. Verfassungsurkunde 31. Jan. 50. 15 
des Königs bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers, 
welcher dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt"7). 
Art. 45. Dem Könige allein steht die vollziehende Gewalt zu6s). Er 
ernennt und entläßt die Minister. 
Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze"") 
und erläßt die zu deren Ausführung nöthigen Verordnungen 70). 
— 
ss) Titel 1II behandelt den Anspruch 
auf Ausübuug der Königlichen Gewalt 
(Thronfolge Art. 53- 55, Regentschaft 
Art. 56—58) u. die dem König zustehenden 
Rechte (Regierungsrechte Art. 43—49, 
51, 52, Ehrenrechte Art. 50, Vermögens- 
rechte Art. 59). Die Aufführung der 
Rechte ist nicht erschöpfend; neben der 
Verfassung kommen noch die älteren Vor- 
schriften, insbes. Th. II Titel 13 des 
Landrechts Anlage lI in Betracht. Da 
der Landesherr sich in der Verfassung be- 
stimmter Rechte begeben hat, stehen ihm 
alle früheren Rechte insoweit weiter zu, als 
sie nicht durch ausdrückliche Verfassungs- 
bestimmungen zu Gunsten des Landtags 
beschränkt sind. Im Zweifel spricht — 
abweichend vom Reiche und von anderen 
Ländern (Belgien Anm. 2) — die Ver- 
muthung für das Recht des Königs. Von 
den Regierungsrechten ist ein Theil 
auf das Reich übergegangen Anm. 1, an- 
dererseits stehen dem König als deutschem 
Kaiser alle mit dem Präsidium des Bundes 
verknüpften Rechte zu NVerf. Art. 11 
bis 19. Die vollziehende Gewalt übt der 
König allein aus Vl. Art. 45, 47, in 
der Gesetzgebung ist er an die Zustimmung 
des Landtags gebunden, Anm. 69, die 
richterliche Gewalt wird durch unabhängige 
Richter im Namen des Königs ausgeübt 
Art. 86, dem dabei neben der Oberauf- 
sicht über die Justizverwaltung nur das 
Begnadigungsrecht zusteht Art. 49.— An 
Ehrenrechten gebührt dem König außer 
dem Rechte der Ordensverleihung (Art. 50) 
das zur Führung des Königlichen Titels 
u. Wappens AE. 16. Aug. 73 An- 
lage J. 
*) Verletzungen unterliegen verschärfter 
Bestrafung, Hochverrath St GB. § 80, 
Majestätsbeleidigung § 94, 95, 98, 99. 
5) Art. 61. 
55) Art. 44 findet keine Anwendung auf 
Armeebefehle, die der Kaiser als oberster 
Kriegsherr (Anm. 71) erläßt AE. 18. Jan. 
61 (M. 73) und auf Akte des Königs 
als Inhaber des landesherrlichen Kirchen- 
regiments, die in den älteren Provinzen 
  
nach Uebertragung der kirchlichen Verwal- 
tung auf kirchliche Behörden (Anm. 27) 
von dem Präsidenten des Oberkirchenraths 
mit der Maßgabe gegenzuzeichnen sind, 
daß vor Sanktion der Kirchengesetze das 
Staatsministerium zu erklären hat, daß 
von Staatswegen nichts dagegen zu er- 
innern sei G. 3. Juni 76 (GS. 125) 
Art. 13. 
*)Weitergehende Bestimmung Art. 63. 
— Aus der Unverletzlichkeit des Königs 
(Art. 44) folgt, daß er nicht persönlich 
zur Verantwortung gezogen werden kann. 
Da er gleichwohl die Verfassung zu halten 
verpflichtet ist (Art. 54 Abs. 2), hat ein 
Minister die Verantwortlichkeit zu 
übernehmen. Ein A. 4. Jan. 82 hebt 
hervor, daß die Regierungsakte mit der 
Gegenzeichnung die Eigenschaft selbstän- 
diger Entschließungen des Königs nicht 
verlieren. 
") Das in der vollziehenden Ge- 
walt liegende Recht zur Einrichtung der 
Behörden (Organisationsgewalt) er- 
leidet zwei Einschränkungen, indem die 
Mitwirkung erforderlich wird, wenn eine 
Aenderung bestehender Gesetze (Art. 62) 
oder eine Mehrbelastung des Staatshaus- 
haltsetats (Art. 99) damit verbunden ist. 
Außerdem sind im Wege der Gesetzgebung 
festzustellen die Einrichtung und die Be- 
fugnisse der Oberrechnungskammer Art. 
104 Abs. 3, die Organisation der Ge- 
richte Anm. 137, die Abgrenzung ihrer 
Zuständigkeit gegenüber der Verwaltung 
Art. 96, die Bildung der zugleich als 
Körperschaften in Betracht kommenden 
Provinzen Prov O. 81 (GS. 234) § 4 u. 
Kreise Kreis O. 81 (GS. 180) 8§ 3. 
"%) Art. 106 Abs. 1. — Die Zuständig- 
keit des Königs auf dem Gebiete der Ge- 
setzgebung umfaßt die äußere Regelung 
der Thätigkeit der gesetzgebenden Körper 
Art. 51, 52, die Zustimmung zu den 
Gesetzen Art. 62, ihre Verkündigung Art. 45 
u. den Erlaß von Verordnungen mit 
Gesetzeskraft Art. 63. 
70) Die Verordnungen urnterscheiden 
sich von den Gesetzen wesentlich durch die
	        
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