Full text: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Der Preußische Staat. (4)

24 2. Verfassungsurkunde 31. Jan. 50. 
folgenden Januar und außerdem, so oft es die Umstände er— 
heischen, einberufen 115). 
Art. 77. Die Eröffnung und die Schließung des Landtages10) 
geschieht durch den König in Person oder durch einen dazu von ihm be- 
auftragten Minister in einer Sitzung der vereinigten Häuser des Land- 
tags103). 
Beide Häuserl1os) werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und ge 
schlossen. 
Wird das Abgeordnetenhaus aufgelöst, so wird das Herrenhaus 
gleichzeitig vertagt 39). 
Art. 78. Jedes Hauso3) prüft die Legitimation seiner Mitglieder 
und entscheidet darüber 116). Es regelt seinen Geschäftsgang und seine 
Disziplin durch eine Geschäftsordnung 117) und erwählt seinen Präsidenten, 
seinen Vicepräsidenten und Schriftführer. 
Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt in den Landtagti#u#). 
Wenn ein Abgeordneter ein besoldetes Staatsamt annimmt oder im 
Staatsdienste in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer Rang oder ein 
höheres Gehalt verbunden ist, so verliert er Sitz und Stimme in dem Ab— 
geordnetenhause und kann seine Stelle in demselben nur durch neue 
Wahl wieder erlangen). 
Niemand kann Mitglied beider Häuserlo#) sein. 
Art. 79. Die Sitzungen beider Häuserlos) sind öffentlich 110). Jedes 
Hauslos) tritt auf den Antrag seines Präsidenten oder von zehn Mit- 
gliedern zu einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher dann zunächst über 
diesen Antrag zu beschließen ist. 
116) G. 18. Mai 57 (GS. 369). Der 
ursprüngliche Zeitraum für die regelmäßige 
Einberufung war der Monat November. 
1) Gesch O. (folg. Anm.) f. d. HH. 8 69, 
AH. § 3—6. 
1 ) GeschO. f. d. HH. 15. Juni 92 
(Nr. II 3), f. d. AH. 16. Mai 76/(Nr. II 6). 
us) Anm. 103. — Auf Reichs-, Kirchen- 
u. Hofbeamte nicht anwendbar. — Die 
Stellvertretungskosten für unmittel- 
bare Staatsbeamte trägt der Staat 
St M. 24. Okt. 69 (M. 276, JMB. 
234). Die gleiche Bestimmung für Reichs- 
beamte (RBeamt G. 31. März 73 RB. 
61 § 14 Abft. 2) beschränkt sich auf deren 
Eintritt in den Reichstag. 
us) Wahrheitsgetreue Berichte 
über Landtagsverhandlungen sind straf- 
frei St GB. § 12; solche brauchen nicht 
wortgetreu zu sein, müssen aber mit dem 
  
Hergang übereinstimmen. Berichte sind 
auf die Erzählung zu beschränken ohne 
betrachtende Zusätze. Die Verhandlungen 
müssen insgesammt oder in einem abge- 
schlossenen Theile, nicht in Bruchstücken 
gebracht werden URGer. 6. Nov. 88 
(Entsch. Straff. XVIII 208). Ueber die 
Verhandlungen werden stenographische 
Berichte veröffentlicht, die (als Anlagen) 
die Gesetzentwürfe nebst Begründung, 
Denkschriften, Kommissionsberichten u. 
Mitgliederanträgen enthalten. — Für die 
Gesetzesauslegung sind diese Verhand- 
lungen nur zu verwenden, wenn die Auf- 
klärung dunkler oder zweideutiger Stellen, 
nicht wenn die Ergänzung von Lücken über 
die im Gesetze selbst nicht zum Ausdruck 
gebrachte Absicht des Gesetzgebers in Frage 
steht U. RGer. (XXIII 140) u. UO. 
26. März 97 (XXXIII 123).
	        
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