IV. 5. Landesverwaltungsgesetz 30. Juli 83. 389
zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses für die mündliche Verhandlung
bestellen. Der Kommissar ist vor Erlaß des Endurtheils mit seinen Aus—
führungen und Anträgen zu hören, zur Einlegung von Rechtsmitteln aber
nicht befugt 105).
Der Vorsitzende des Kreis= (Stadt-) Ausschusses beziehungsweise des
Bezirksausschusses und der Ressortminister hat behufs der erforderlichen Wahr-
nehmung des öffentlichen Interesses einen Kommissar zu bestellen, wenn das
Gesetz die öffentliche Behörde, welche die Rolle des Klägers oder des Be-
klagten wahrzunehmen hat, nicht bezeichnet.
§. 75. Die mündliche Verhandlung erfolgt unter Zuziehung eines ver-
eidigten Protokollführers. Das Protokoll muß die wesentlichen Hergänge der
Verhandlung enthalten 1060). Dasselbe wird von dem Vorsitzenden und dem
Protokollführer unterzeichnet.
8. 76. Das Gericht ist befugt — geeigneten Falls schon vor Anbe-
raumung der mündlichen Verhandlung — Untersuchungen an Ort und Stelle
zu veranlassen, Zeugen und Sachverständige zu laden und eidlich zu vernehmen,
überhaupt den angetretenen oder nach dem Ermessen des Gerichts erforderlichen
Beweis in vollem Umfange zu erheben 107).
½8) Der Vorsitzende des O#. hat
dieserhalb den zuständigen Ministern ein
Verzeichniß der wichtigeren, in der Sitzung
zu verhandelnden Spruchsachen zuzustellen
Gesch Reg. (Nr. III 4 Anl. A) §6 Abfk. 1.
Kommissare sind nur in Fällen von
eigenthümlicher Beschaffenheit oder be-
sonderer grundsätzlicher Wichtigkeit zu be-
stellen. Regelmäßig sind dazu in Berlin
wohnende Rechtsanwälte zu wählen, Kom-
missare der Provinzialbehörden nur nach
Bestimmung des Ministers in Fällen, wo
eine diesen vorzugsweise beiwohnende
Sach= u. Ortskenntniß vorausgesetzt wird
Vf. 1. März 77 (MB. 81).
105) Das Protokoll soll nur das sich als
„wesentlichen Hergang“ Darstellende be-
kunden UOV. 17. Mai 86 (XIII 356).
Das Nähere bestimmen die Geschäfts-
regulative Anlagen E u. F § 12. Die
Nichtbeachtung dieser Vorschriften bildet
einen wesentlichen Mangel des Verfahrens
(5 942) UOV. 5. Mai 00 (Pr. VerwBl.
XXI 480).
10) Das Gericht ist nicht verpflichtet, einen
von der Partei angetretenen Beweis zu
erheben, wenn es diesen nicht für er-
forderlich hält UO V. 14. Sept. 78 (IV.
379). Beweisbeschlüsse sind keine prozeß-
leitenden Verfügungen (§ 110) u. nicht
Gegenstand der Beschwerde 29. Dez. 76
(1 445). — Als Beweismittel kommen
der Zeugen= u. Sachverständigenbeweis
(§ 78), die Augenscheinnahme u. der
Urkundenbeweis in Betracht. Der Richter
wird in der Entscheidung, ob u. welche
Sachverständige zuzuziehen, ob sie mündlich
oder schriftlich zu vernehmen u. wie ihr
Gutachten zu würdigen, weder durch das
Gesetz noch durch die Anträge der Parteien
beschränkt. Vereidigung ist nicht noth-
wendig UOV. 7. Feb. 82 (VIII 1760);
letzteres gilt auch von den Zeugen 20. Nov.
93 (Pr. VerwBl. XV 194). Die Augen-
scheinnahme kann sowohl durch einzelne
Mitglieder, als durch das ganze Gericht
erfolgen UO V. 7. Feb. 82 (VIII 176).
Im Urkundenbeweise kann die Vorlegung
— nicht die Herausgabe — der Handels-
bücher gefordert werden UO V. 8. Mai
95 (XXVIII 40). Wo diese mit
Schwierigkeiten verbunden, empfiehlt sich
die Vorlegung vor einem Gerichtsmit-
gliede oder vor einem anderen Gericht
(CPO. 8§ 434) oder die Vorlegung von
Bücherabschlüssen u. Bilanzen 10. April
97 (XXXI 35). — Der Parteieneid (auch
der Editionseid) ist kein zulässiges Beweis-
mittel 17. Nov. 92 (XXIV 276).